© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 24/18 / 08. Juni 2018

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Wie wochen-, ja monatelange Vorfreude auf ein Ereignis in wenigen Augenblicken zum Teil in blankes Entsetzen umschlagen kann, erlebte ich vergangenen  Sonntag beim Konzert von Guns N’ Roses im Berliner Olympiastadion. Rund 25 Jahre lang mußte der geneigte Fan der kalifornischen Rockband auf einen gemeinsamen Auftritt der zerstrittenen Musiker – allen voran Sänger Axl Rose und Leadgitarrist Slash – hierzulande warten. Und dann dieses Fiasko! Der Sound klingt breiig, die Stimme von Axl Rose ist kaum zu vernehmen. Rätselraten setzt ein: Ist er indisponiert? Die Stimme im Eimer? Das Mikro kaputt? Spielt ein Dreijähriger an den Tonreglern herum? Noch während der Show verschafften Stadionbesucher auf Twitter und Facebook ihrem Zorn deutlich Luft. „Mit Gesang hat das wenig zu tun“, urteilte anderntags die Bild-Zeitung. Überhaupt waren Konzertkritiken selten so einmütig: „Von den ersten Tönen an ist der Klang derart katastrophal, wie man es auf diesem Niveau eigentlich nie erlebt“, notierte der Spiegel. „Soundtechnisches Fiasko“ hieß es im Rundfunk Berlin-Brandenburg, „schrecklicher Sound“ bei der Berliner Zeitung. Das mag weniger an der Spielfertigkeit der Musiker als in erster Linie an der Tontechnik gelegen haben, doch selbstredend muß sich deren Totalversagen eine Band zurechnen lassen. Da hilft es bei Kartenpreisen von zum Teil weit über 100 Euro auch nicht, daß Guns N’ Roses gut zweieinhalb Stunden spielten und man manche Titel sogar erraten konnte. Leider jedoch nicht „Don’t Cry“, einen ihrer größten Hits. Der stand, zusätzlich ärgerlich, überhaupt nicht auf der Setlist. 


Ganz anders tags darauf das Konzert der Hollywood Vampires in der Zitadelle Spandau. Die Band von Alt-Schockrocker Alice Cooper, dem Gitarristen und Schauspieler Johnny Depp („Fluch der Karibik“) sowie dem Aero-

smith-Saitenhexer Joe Perry legte einen perfekten Auftritt hin. Der Sound war glasklar, die Instrumente perfekt aufeinander abgestimmt und der inzwischen 70jährige Mr. Cooper bei bester Stimme. Die erst 2015 ins Leben gerufenen Vampires brannten ein Feuerwerk von Rock-Klassikern ab, darunter „Five to One / Break On Through (to the Other Side)“ von den Doors, „The Jack“ (AC/DC) und „Ace of Spades“ (Motörhead), Johnny Depp sang „Heroes“ von David Bowie, nicht fehlen durften auch „I’m Eighteen“ und „School’s Out“ von Alice Cooper. Die nächste Auftritte der Hollywood Vampires hierzulande finden statt am 14. Juni in Mönchengladbach, am 27. Juni in München und zwei Tage später in der Frankfurter Jahrhunderthalle.