© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 25/18 / 15. Juni 2018

Firmenchefs lieben Spanier und Japaner
Personalpolitik: Auf dem Arbeitsmarkt haben Muslime und Schwarze schlechte Chancen / Selbst eine deutsche Ausbildung hilft nur bedingt
Jörg Fischer

Als Angela Merkel im September 2015 die deutschen Grenzen für Hundetausende öffnete, klatschte auch Dieter Zetsche Beifall: Dies könne „eine Grundlage für das nächste deutsche Wirtschaftswunder werden – so wie die Millionen von Gastarbeitern in den 50er und 60er Jahren ganz wesentlich zum Aufschwung der Bundesrepublik beigetragen haben“, schwärmte der Daimler-Chef auf der Automesse IAA. „Das ist eine Riesenchance für das Land, die die Position Deutschlands in der Weltwirtschaft und innerhalb Europas in den kommenden Jahrzehnten stärken kann“, legte David Folkerts-Landau, Chefvolkswirt der strauchelnden Deutschen Bank, später in der Welt nach.

Nur von den politischen Rändern wurden Bedenken geäußert: Die Stimmung werde „irgendwann kippen, da habe ich große Sorge“, zitierte die Süddeutsche Zeitung am 20. September 2015 die Linke Sahra Wagenknecht. „Es muß auch verhindert werden, daß Flüchtlinge als Lohndrücker eingesetzt werden.“ Doch als Fachkräfte sind die Menschen aus Afrika und dem Nahen und Mittleren Osten weder bei Mittelständlern noch bei Konzernen gefragt. Das zeigen nicht nur die Beschäftigungszahlen für Afghanen, Eritreer, Iraker oder Syrer.

Auch die Studie „Ethnische Hierarchien in der Bewerberauswahl: Ein Feldexperiment zu den Ursachen von Arbeitsmarktdiskriminierung“ des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) widerlegt Zetsche & Co.: Demnach hätten die Bundesregierung oder Daimler lieber Freiflüge für Spanier, Japaner, Polen und Schweizer finanzieren sollen, denn aus diesen Ländern stammende Fachkräfte sind in deutschen Personalabteilungen sogar beliebter als Deutsche ohne Migrationshintergrund.Chinesen und US-Amerikaner liegen nur einen Prozentpunkt darunter.

Bewerber mit einem albanischen, marokkanischen, äthiopischen, dominikanischen, pakistanischen oder ugandischen Migrationshintergrund erhalten signifikant seltener eine positive Rückmeldung (16 bis 19 Prozentpunkte Unterschied). „Auch die Rückmelderaten für Bewerber mit türkischem Migrationshintergrund bewegen sich im unteren Drittel – und fallen mit einem Nachteil von 13 Prozentpunkten signifikant geringer aus als die Rückmeldequoten für deutschstämmige Bewerber“, heißt es in der WZB-Studie.

„Kulturelle Dimension erzeugt Ungleichheiten“

Bei dem Feldexperiment ging es nicht um Akademiker, sondern um Berufe wie Hotelfachmann, Köchin, Industriekaufmann und Verkäuferin, medizinische und zahnmedizinische Fach­angestellte sowie Anlagenmechaniker und Mechatroniker. Auch spielten erst kürzlich eingereiste Arbeitssuchende keine Rolle: „Alle Bewerber waren laut ihrem Lebenslauf 1992 in Deutschland geboren worden, deutsche Staatsbürger, und hatten ihren gesamten Bildungsweg in Deutschland durchlaufen.“ Nur aus dem Namen, dem Bewerbungsbild oder der zweiten Muttersprache war für die um Mitarbeiter werbenden Firmen der Migrationshintergrund herauslesbar. Die Religionszugehörigkeit wurde der Personalabteilung durch ein ehrenamtliches Engagement in einem Verein signalisiert.

In den deutschen Personalabteilungen zeigte sich auch kein pauschaler Rassismus oder gar Fremdenfeindlichkeit, was in soziologischen Studien oft beklagt wird – im Gegenteil: Arbeitgeber stützen ihre Auswahlentscheidung „auf Kultur und Werte, die sie mit der Gruppenzugehörigkeit verbinden“. Bewerber mit Migrationshintergrund würden nur dann benachteiligt, „wenn die Werte der Menschen im Herkunftsland stark von denen der Deutschen abweichen“.

Muslimische und „Bewerber mit schwarzem Phänotyp“ erhielten daher weniger positive Rückmeldungen als solche mit einem asiatischen Aussehen oder einer hinduistischen oder buddhistischen Religionszugehörigkeit. „Eine einzige Abweichung vom Muster ergibt sich für Hotelfachmänner/-frauen. In dieser Berufsgruppe liegt die Quote für Bewerber mit und ohne Migrationshintergrund jeweils bei 61 Prozent“, schreiben die WZB-Forscher. „Dies könnte unter anderem auf die zusätzlichen Sprachkenntnisse zurückzuführen sein, die jeder Bewerber mit ausländischen Namen in seinem Lebenslauf angab.“

Auch mit der medialen Mär von der Frauenfeindlichkeit räumt die WZB-Studie auf: Die Zahl der positiven Rückmeldungen bei männlichen und weiblichen Bewerbern mit Migrationshintergrund unterscheide sich signifikant, – zum Vorteil von Frauen. „Während 57 Prozent der Bewerberinnen eine positive Rückmeldung erhalten, gilt dies für nur 51 Prozent der männlichen Bewerber.“

Als Fazit konstatiert das WZB: „Unsere Befunde zeigen, daß es vor allem die kulturelle Dimension der Einwanderung ist, die Ungleichheiten erzeugt.“ Oder praktisch ausgedrückt: Die Asyleinwanderung bringt nicht das nächste deutsche Wirtschaftswunder. Die Flüchtlinge aus den Hauptherkunftsländern sind bestenfalls potentielle Lohndrücker.

„Ethnische Hierarchien in der Bewerberauswahl“ (WZB Discussion Paper, SP IV 2018-104.):  wzb.eu/