© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 26/18 / 22. Juni 2018

Der Dieselskandal kostet Audi-Chef Rupert Stadler die Freiheit
Vom Chefsessel in den Knast
Henning Lindhoff

Nun hat es auch Rupert Stadler erwischt. Der Audi-Chef wanderte wegen Verdunkelungsgefahr im Dieselgate in U-Haft. Nachdem es anfangs so aussah, als könne sich die VW-Tochter aus dem Skandal heraushalten, mußte das Management voriges Jahr zugeben, daß in 850.000 Audis eine Software zur Abgastestmanipulation installiert war. Weitere 600.000 Autos kamen im Mai hinzu.

Damit kratzt die Staatsanwaltschaft München II weiter eifrig an „Made in Germany“. Wir erleben einen Frontalangriff auf das Herzstück der deutschen Wirtschaft. Statt gegen die seit Jahren laufende Industriespionage aus dem Ausland proaktiv zu ermitteln, wurden Stadler-Telefonate heimlich abgehört. Die Deutschen spielen das Spiel mit Begeisterung mit, stellen Manager sowie Ingenieure unter Generalverdacht und ergötzen sich am Niedergang eines Industriezweiges, der nicht nur mehr als 800.000 Beschäftigten ein sicheres Auskommen ermöglicht, sondern auch einen nicht unerheblichen Beitrag zu einem stetig wachsenden Wohlfahrtsstaat leistet, in dessen Schoß nicht zuletzt auch Abmahnvereine wie die Deutsche Umwelthilfe prächtig gedeihen. Selbst die Bundesregierung schießt immer schärfer gegen die Milliarden an Steuern zahlende Autobranche, während die Finanzindustrie in der Regel glimpflich davonkommt und in der Krise im Zweifel sogar staatlich gerettet wird.

Doch der Dieselskandal verdeutlicht auch das Führungsproblem und den Opportunismus der deutschen Manager. Der Diesel wird seit 30 Jahren steuerlich bevorzugt, wegen etwas geringerer CO2-Werte wurde er regelrecht hofiert. Die Ingenieure von Audi, Porsche oder VW hatten versucht, unrealistische, aber politisch vorgegebene Abgasnormen irgendwie zu erfüllen – ein unter Preisdruck unerreichbares Ziel. Hier hätten Stadler und andere Führungskräfte „Nein“ sagen und sich gegen Brüssel und Berlin stellen müssen. Ihr Duckmäusertum innerhalb eines – gerade im VW-Konzern – durchpolitisierten Systems fällt ihnen nun auf die Füße.