© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/18 / 06. Juli 2018

Die Mullahs mischen mit
Islam-Institut: An der Humboldt-Universität sollen ab nächstem Jahr muslimische Religionslehrer ausgebildet werden / Beteiligt ist ein zweifelhafter schiitischer Verein
Fabian Schmidt-Ahmad

Nach zwei Jahren Streitereien und Skandalen war es vergangenen Freitag es soweit: Das Kuratorium der Humboldt-Universität zu Berlin beschloß die Gründung eines Islam-Institutes. Nun soll alles schnell gehen. Vier Professuren sind zu besetzen. Bereits ab Wintersemester 2019/20 sollen dann Studenten in islamischer Theologie ausgebildet werden. Damit übernehme die Universität „gesellschaftliche Verantwortung“, sagte Rektorin Sabine Kunst. Insgesamt stellt das Land Berlin für die nächsten vier Jahre 13,8 Millionen Euro zur Verfügung.

Mittlerweile gibt es mehrere Hochschulen in Deutschland, an denen sich angehende Islamlehrer für den Religionsunterricht an deutschen Schulen vorbereiten können. Die Humboldt-Universität ist aber die erste, die auch eine Ausbildung für Schiiten anbietet. Eben das dürfte ein Problem sein. Denn im Beirat des Instituts hat neben dem Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZdM) und der Islamischen Föderation (IF) auch die Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden Deutschlands (IGS) einen Sitz (JF 17/18). 

Es sei „selbstverständlich“, heißt es in der Stellungnahme der Universität, daß im Beirat keine Personen vertreten sein dürfen, die „in der Vergangenheit beispielsweise durch Positionierungen hervorgetreten sind, die mit dem Grundgesetz und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht vereinbar sind“. So selbstverständlich ist das nicht. Denn die „Oberaufsicht über die IGS in religiösen Angelegenheiten“ hat laut Vereinssatzung ein dreiköpfiger „Gelehrtenrat“.

„Hätte auch muslimische Bestatter berufen können“

In die Zuständigkeit dieses Trios fällt unter anderem die „Ausarbeitung von Gutachten (Fatwa)“, die „Begutachtung von Lehrplänen“ und die „Ausarbeitung und Begutachtung der islamischen Inhalte der Lehrbücher für den islamischen Religionsunterricht“. Kurzum: der komplette Aufgabenbereich des Instituts-Beirates ist eine Angelegenheit dieses Gelehrtenrates. Vorsitzender ist Ajatollah Reza Ramezani, der noch in einem anderen Gelehrtenrat sitzt, nämlich als einer von 86 Aufsehern der Islamischen Republik Iran.

Damit dürfte Ramezani ranghöchster Repräsentant der iranischen Mullahs in Deutschland sein. Über das von ihm geleitete Islamische Zentrum Hamburg (IZH) heißt es im Hamburger Verfassungsschutzbericht, es strebe den „Export der islamischen Revolution“ an: „Üblicherweise wird eine öffentliche Verbindung oder Identifizierung mit der iranischen Staatsführung vermieden. Dennoch ist das Staats- und Gesellschaftsverständnis des IZH vom Primat der Religion gegenüber Demokratie und Rechtsstaat geprägt.“

Was das heißt, wurde erst vor zwei Wochen am sogenannten Al-Quds-Tag, dem letzten Freitag im Ramadan, deutlich. Seit 1979 ruft Teheran an diesem Tag zu weltweiten Protesten gegen Israel auf, die längst auch in Berlin stattfinden. Mitbeteiligt sind auch IZH und IGS, wie das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus berichtete. Der Grünen-Politiker Volker Beck hatte zuvor die IGS dazu aufgefordert, sich gegen die Teilnahme auszusprechen. Gegenüber dem Tagesspiegel lehnte das die IGS ab. Man sei „Dienstleister“ und keine „Führungsinstanz“.

Damit habe sich die IGS selbst als ungeeignet für einen Sitz im Beirat des Islam-Institutes gezeigt, da sie ihren Mitgliedern gegenüber angeblich keine religiöse Autorität habe, kritisierte Beck. „Da hätte man auch einen Verband islamischer Bestattungsunternehmen berufen können“, ätzte er auf seinem Twitter-Konto. Nun fordert der frühere grüne Bundestagsabgeordnete von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) den Rauswurf der IGS. Doch damit dürfte Beck wohl eher auf taube Ohren stoßen.

So hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die IGS vor zwei Monaten zum „interreligiösen Dialog“ nach Schloß Bellevue eingeladen. „Antisemitismus in Deutschland ist nicht in erster Linie ein muslimisches Problem, aber es ist verstärkt auch bei Muslimen zu beobachten“, zitiert ihn seine Sprecherin. Er habe gefragt, wie die IGS damit umgehe, woraufhin ihre Vertreter verschiedene Projekte zur Bekämpfung von Extremismus vorgestellt hätten. Nach dem Motto: Schön, daß wir einmal darüber geredet haben.

Dafür kassiert die IGS reichlich Geld, wie Recherchen der Bild-Zeitung ergaben. Bis 2019 sollen aus dem EU-Fonds für Innere Sicherheit 283.000 Euro für ein IGS-Projekt zur „Extremismusprävention“ fließen, weitere 94.000 Euro schießt Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) zu. Wieso ein irannaher Verband aus Steuermitteln gefördert wird? Die Zusammensetzung der IGS sei „höchst heterogen“, gab die Bundesregierung gegenüber der Bild als Entschuldigung ziemlich kleinlaut zu.