© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/18 / 06. Juli 2018

Ländersache: Thüringen
Ramelow twittert sich ins Abseits
Thorsten Brückner

Für den thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linkspartei) kommt es derzeit knüppeldick. Nachdem die CDU ihn in der Amtsmißbrauchs­affäre um seinen Justiz- und Migrationsminister Dieter Lauinger (Grüne) vor den zuständigen Untersuchungsausschuß zitieren will, hat der selbsternannte „demokratische Sozialist“ nun auch noch die obersten Datenschützer des Freistaats an der Backe. Grund ist ein Tweet, in dem Ramelow dem Sohn Lauingers zum Abitur gratulierte. „Damit ist die besondere Leistungsfeststellung erfolgreich erbracht und die Allgemeine Hochschulreife erreicht“, konstatierte der Ministerpräsident. Pikant, denn zuvor war Lauingers Sproß von der „Besonderen Leistungsfeststellung“ (die verpflichtende Realschulabschlußprüfung für Thüringer Gymnasiasten) befreit worden – mit Deckung der damaligen Bildungsministerin Birgit Klaubert (Linkspartei). Die Frage, ob Lauinger sein Amt dazu genutzt hat, Druck auf die Schule auszuüben, ist Gegenstand des Ausschusses.

Nun prüft der Landesdatenschutzbeauftragte Lutz Hasse, ob Ramelow mit seinem Tweet gegen das Recht auf informelle Selbstbestimmung von Lauingers Junior verstoßen hat. Trotz der Affäre, die das politische Thüringen seit fast zwei Jahren in Atem hält, war es bisher tabu, den Vornamen des Abiturienten zu nennen beziehungsweise ein Foto von ihm zu veröffentlichen. Ramelow rechtfertigte sich, es handele es sich um seinen privaten Account, nicht um den des Ministerpräsidenten. Allerdings twitterte Ramelow dort in der Vergangenheit auch regelmäßig über Veranstaltungen, die er in seiner Eigenschaft als Ministerpräsident besuchte. Thüringischen Journalisten warf Ramelow vor, ihm „einen Maulkorb für Privates“ erteilen zu wollen. 

Aber nicht nur die Oppositionsparteien bringt Ramelow, der sich nach derzeitigem Umfragestand keine Hoffnungen auf eine Wiederwahl machen darf, derzeit auf die Palme. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Bundestag, der Thüringer Abgeordnete Carsten Schneider, stieß sich an einer Einladung des katalanischen Ex-Präsidenten Carles Puigdemont zum Sommerfest der Thüringer Landesregierung in Berlin. Damit habe Ramelow „der Unabhängigkeit der Justiz als auch der europäischen Integration einen Bärendienst erwiesen“. Herr Ramelow könne sich privat treffen, mit wem er wolle, betonte Schneider. „Aber er kann sein öffentliches Amt als Ministerpräsident nicht dazu instrumentalisieren, sich in laufende Rechtsverfahren oder innenpolitische Diskussionen des spanischen Staates einzumischen.“ Zudem sei „die fragwürdige politische Aufwertung eines angeklagten Separatistenführers“ reichlich unpassend in einer Zeit, in der Europa zunehmend unter Druck durch nationale Alleingänge und mangelnde Solidarität zwischen den EU-Mitgliedstaaten gerate. 

Bereits vor drei Wochen hatte sich Ramelow mit dem von Spanien abgesetzten Puigdemont getroffen, der in Deutschland auf das Urteil über seine mögliche Auslieferung an Spanien wartet, wo ihm bis zu 30 Jahre Haft drohen. Es sei ihm darum gegangen, „einen Dialog zu initiieren zwischen der spanische Zentralregierung und der Region Katalonien“, erklärte Ramelow. Was es daran auszusetzen gibt, verriet Schneider allerdings nicht.