© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/18 / 06. Juli 2018

Die Deutsche Bank ist als einzige bei US-Streßtest durchgefallen
Wiederholungstäter
Thomas Kirchner

Durchgefallen! Dieser Schock ereilt in diesen Wochen nicht nur Schüler bei der Zeugnisvergabe. Auch die Deutsche Bank mußte sich eine solche Rüge von der US-Zentralbank Fed anhören. Beim Streßtest ist die amerikanische Tochter des Frankfurter Geldhauses durchgefallen. Besonders schmerzhaft: Es mangelt nicht an Kapital. Bei der Deutschen Bank ist mehr faul: schlechte Aufsicht.

Kapitalmangel hat meist externe Ursachen: schlechte Wirtschaftslage, Immobilienkrise oder Staatsbankrott irgendwo auf der Welt. Es ist Teil des normalen Konjunkturzyklus, daß Banken in einem Teilreservesystem gelegentlich viel Kapital verlieren. Für dieses Szenario ist die Bank gut gerüstet. Schlechte Aufsicht hingegen ist vermeidbar und ein Zeichen von schlechtem Management im besten Fall, Inkompetenz im schlimmsten. Man kann der Fed nicht vorwerfen, auf Ausländer zu zielen. Barclays, Credit Suisse, RBC und UBS bestanden den Streßtest ohne Einschränkungen. Für die Deutsche ist es nicht das erste Scheitern: Schon 2015 fiel die US-Tochter, damals noch Deutsche Bank Trust Company genannt, durch. Und zwar aus den gleichen Gründen. Besonders tragisch war der Selbstmord des Risikochefs William Broeksmit, der auf die Defizite hingewiesen hatte, aber bei seinen Chefs kein Gehör fand.

Getan hat sich seitdem wenig. Finanzchef James von Moltke sprach Anfang des Monats von einem Teufelskreis: Sanierungspläne bringen keine Erträge, was zu Bonitätsherabstufungen führt, wodurch wiederum die Finanzierungskosten steigen. Eine revolutionäre Erkenntnis ist das nicht. Revolutionär wäre es, dagegen anzugehen. 17 Milliarden Dollar an Strafen in zehn Jahren hat die Bank gezahlt, eine Zahl, die Defizite in der Aufsicht klar darstellt. Es ist auch kein Trost, daß nach dem Streßtest Morgan Stanley und Goldman Sachs ihre Dividenden nicht erhöhen dürfen. Beide Institute können sich Dividenden leisten, die 2,5- und sechsmal über dem Niveau von 1998 liegen, während die der Deutschen Bank seitdem um 92 Prozent gekürzt werden mußte.

Die Deutsche Bank hat viele Jahre und viele Milliarden investiert, um „Global Player“ zu werden. Jetzt ist man fast da, und plötzlich wäre man lieber Sparkasse – zumindest ist das Christian Se-

wings neue Strategie. Doch das Investmentbanking repräsentiert die Hälfte der Einnahmen. Ob sich das gesundschrumpfen läßt oder ob die niedrigeren Einnahmen dann auch die Gewinne ins Negative ziehen, ist ein riskantes Spiel. Auch ein Rückzug aus dem US-Geschäft ergibt keinen Sinn. Die Kontrolle wird durch einen Rückzug nicht besser. Noch dazu, wenn das Personal keine berufliche Zukunft sieht und zur Konkurrenz wechselt, so wie gerade im US-Geschäft der Deutschen Bank.

Comprehensive Capital Analysis and Review 2018 – Assessment Framework and Results:  www.federalreserve.gov/