© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/18 / 06. Juli 2018

Zeitschriftenkritik: Magellan
Das einzige Weltmeer ohne Tiefsee
Werner Olles

Vor 500 Jahren stach Ferdinand Magellan in See, um neue Welten zu entdecken. 18 Monate später erreichte der Portugiese die Philippinen. Es war eine epische Reise und ein Meilenstein in der Geschichte der Menschheit. Bis heute steht der Name Magellan für atemberaubende Entdeckungen und wagemutige Helden. Nach ihm benannt hat sich nun auch ein neues Magazin, das laut Chefredakteur Uwe Böckelmann „spannende, emotionale und überwältigende Geschichten“ erzählt, um seinem Untertitel „Die Welt neu entdecken“ gerecht zu werden.

So geht es in der ersten Ausgabe (1/2018) auf eine faszinierende Reise in das einzige Weltmeer ohne Tiefsee: die Nordsee. Nur wenige tausend Jahre alt, durchschnittlich 94 Meter tief, lichtdurchflutet und prall gefüllt mit Leben, beherbergen viele hundert Sandbänke nicht nur Deutschlands größtes Raubtier, die Kegelrobbe, die bis zu 2,5 Meter Länge und 300 Kilo Gewicht erreicht und pro Tag etwa zehn Kilo Fisch frißt, auch tonnenschwere Riesenhaie durchziehen das Wasser. Sie werden bis zu zwölf Meter lang und sieben Tonnen schwer.

Das Urlaubsparadies Sylt wird von der Nordsee dagegen förmlich aufgefressen und verliert jährlich gut eine Million Kubikmeter Sand an die Meeresfluten. Wie in der Südsee sind auch die Nordsee-Inseln dem Untergang geweiht. Dennoch leben mitten im Meer auf künstlich aufgeschütteten Hügeln, den „Warften“, Bewohner, die den Kräften der Gezeiten widerstehen.

Vom Aussterben bedrohte Naturvölker dokumentiert der Fotograf Jimmy Nelson. Ob es sich um einen Stamm der Maori oder der Chauken handelt, um die Kara in Äthiopien, deren Stamm nur rund 1.400 Menschen zählt, oder die Samburu, die aus der Blutlinie der Massai stammen, die Huli-Wigmen (Perückenmenschen), die seit tausend Jahren in den abgelegenen Nebelwäldern Papua-Neuguineas leben und erst Mitte des 20. Jahrhunderts mit westlichen Menschen in Kontakt kamen: Nelsons entschleunigte Art zu fotografieren spiegelt seinen Hang zum Perfektionismus wider, ob er auf der sibirischen Tschuktschen-Halbinsel, in den Bergen Nepals oder am Amazonas unterwegs ist. 

Ein faszinierender Beitrag befaßt sich mit den Schlangen, die seit Tausenden von Jahren Menschen in ihren Bann ziehen und deren gefährlichste Arten, wie die Blaue Korallenschlange in den Regenwäldern Malaysias, am Boden auf unvorsichtige Beute warten. Ihr Zellgift zerstört das Muskelgewebe und führt innerhalb weniger Stunden zum Tod. Weniger gefährlich sind die Herdwick-Schafe im englischen Hochland, wo seit vier Jahrtausenden die Hirten ihre Tiere über die sanftgeschwungenen Hügel im wilden Herzen Großbritanniens treiben, um sie grasen zu lassen. Weitere Beiträge des reich bebilderten Heftes befassen sich mit den Lavahöhlen von Hawaii, dem einsamsten Sheriff der Welt im Outback sowie der Tragödie der afrikanischen Elefanten, von denen alle 15 Minuten ein Tier wegen seiner Stoßzähne getötet wird. 

Kontakt: Heinrich Bauer Verlag, Burchardstr. 11, 20077 Hamburg. Das Einzelheft kostet 5,90 Euro.