© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/18 / 06. Juli 2018

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Ortstermin im Museum für Naturkunde: Es geht um Bienen, Wespen und Ameisen. Anlaß ist die Vorstellung des Buches „Stachel und Staat“ des Biologen Michael Ohl. Der Privatdozent an der Humboldt-Universität und Kurator am Naturkundemuseum erzählt in seinem bei Droemer (München) erschienenen Werk laut Untertitel „eine leidenschaftliche Naturgeschichte“ von Bienen, Wespen und Ameisen. Sie seien die „heimlichen Herrscher der Erde“ und zudem eng miteinander verwandt. Ihre Vielfalt an Arten, Formen, Farben, und Lebensstrategien gehe auf die „Erfindung“ des Stachels vor Jahrmillionen zurück. In einem eigenen Kapitel schildert Ohl, wie und warum der Stachel eingesetzt wird und welche Rolle der Schmerz für die Evolution dieser Insekten spielt. Erst mit dem Besitz des Stachels und der Entwicklung hochspezialisierter Gifte für unterschiedliche Zwecke habe sich die heutige Vielfalt an stechenden Hautflüglern herausbilden können. Auch für die Entstehung komplexer Sozialsysteme sei der Stachel eine wichtige Voraussetzung. Was das üppig illustrierte Buch zusätzlich so anregend macht, sind die hochauflösenden Makrofotografien von Bernhard Schurian. Sie offenbaren Details der Insekten, die mit dem bloßen Auge nicht zu erfassen sind.


Aus aktuellen Anlaß: „Manche Journalisten verstehen sich inzwischen als Politikberater und betreiben einen Journalismus, der sich an ein paar Eingeweihte richtet, denen sie Codewörter zurufen. Der eigentliche Empfänger ist nicht mehr der normale, intelligente, aufgeschlossene, aber nur bedingt informierte Leser, sondern die Kollegen, Politiker, Künstler oder Wirtschaftsführer.“ (Mathias Döpfner, Axel-Springer-Vorstandschef und Präsident des Bundesverbands Deutscher Zeitungsverleger, in einem dpa-Interview 2017)


Apropos Natur: Im Verlag Matthes & Seitz ist soeben der dritte Tagebuchband des US-amerikanischen Schriftstellers Henry David Thoreau (Streifzüge vom 1. April 2016) erschienen. Die Aufzeichnungen dokumentieren das Jahr 1851. Neben allerlei Assoziationen und konkreten politischen Reflexionen, zum Beispiel über die Sklaverei, enthalten die Eintragungen vor allem wieder prächtige Naturbeschreibungen: „Ich fühlte, wie meine Stimmung sich hob, als ich von der Straße weggekommen war und in die offenen Felder strebte und der Himmel ein neues Aussehen hatte. Beschwingter schritt ich dahin. Über den bewaldeten Tälern war ein warmer Sonnenuntergang, eine gelbliche Tönung auf den Kiefern. Rötliche Wolken mit dunklem Einschlag standen darüber wie düstere Flammen.“