© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 28/18 / 06. Juli 2018

Umwelt
Gelb statt braun
Christian Dorn

Ohne Spektakel sinkt die Spendenlaune. Deshalb versprühte Greenpeace 3.500 Liter Spinellgelb auf dem Kreisverkehr um die Berliner Siegessäule. Dies sei ein „farbenfroher Gruß in Richtung der Kohlekommission“. Ob die Farbe öko ist – egal. Die dieselnde Stadtreinigung kalkuliert mit 15.000 Euro – ein Klacks für die millionenschweren Kampagnenprofis, die 2015 die Straßen um den Pariser Triumphbogen in ein „gigantisches Graffito für Solarenergie“ verwandelten. Gediegener ging’s beim „Lunchtime Meeting“ des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zu. Unter dem Motto „Kann sich Deutschland den Kohleausstieg leisten?“ wurden der Hauptstadtpresse Potemkinsche Dörfer präsentiert. Als stünde der Blumenkohl des Buffets sinnbildlich für die Verkohlung des Publikums, werden die Probleme des Kohleausstiegs kleingeredet.

Die Energiespeicherprobleme und Arbeitsplatzverluste lediglich „Herausforderungen“?

Die für Verbraucher teure Energiewende wird faktisch als „Großer Sprung nach vorn“ propagiert. DIW-Energieexpertin Claudia Kemfert doziert dennoch, die erneuerbaren Energien würden „immer billiger und die Kosten für Stromverbraucher immer geringer.“ Die Energiespeicherprobleme und arbeitslose Braunkohlekumpel werden als „Herausforderungen“ verniedlicht, schließlich gebe es „große Visionen“. Die Preise im europäischen CO2-Emissionshandel (ETS) seien „viel zu niedrig“, so die habilitierte schwarz-grüne Schattenministerin. Daß sich die Ministerin innerhalb von zwölf Monaten auf 16 Euro pro Tonne CO2 verdreifacht haben, reiche nicht. „Sinnvoll“ seien 40 bis 60 Euro pro Tonne. Um für Wind- und Sonnenkraft oder Biogas „Marktpreise“ zu erzielen, müßten wir sogar „Netzengpässe zulassen“. Allerdings, so Kemfert in einem Nebensatz, sei die „Vollversorgung mit erneuerbaren Energien“ ein „langer, steiniger Weg“. Aber das dürfe uns nicht abschrecken, schließlich sei es „das beste Friedensprojekt, das wir in der Welt haben.“