© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/18 / 13. Juli 2018

„Der Traum stirbt“
Großbritannien: Brexit-Hardliner brechen mit Premierministerin May / EU-Ratspräsident Tusk schaut amüsiert zu
Josef Hämmerling

Fünf Kabinettsmitglieder haben die Tory-Regierung seit November verlassen. Nun folgten Nummer sechs  und sieben. Aus Protest gegen die von Premier Theresa May vorgestellten Beschlüsse zu den Austrittsverhandlungen mit der EU traten Außenminister Boris Johnson und Brexit-Minister David Davis von ihren Ämtern zurück.  

May hatte nach Gesprächen mit dem Kabinett auf ihrem Landsitz Chequers erklärt, London wolle auch weiterhin bei Waren und Agrarerzeugnissen eng mit der EU verbunden bleiben. Lediglich die bisherigen Binnenmarktfreiheiten auf dem Kapital-, Arbeitsmarkt- und Dienstleistungssektor sollten beschränkt werden. Dies sei „der richtige Deal für Großbritannien“, so May.

Davis, der wie Johnson zu den Brexit-Hardlinern zählt, sieht dies aber anders. Der Chequers-Deal schwäche die Verhandlungsposition Großbritanniens gegenüber der EU. Es sei unsinnig, noch vor Verhandlungsbeginn und dem ersten Angebot der EU derart weitgehende Zugeständnisse zu machen. 

Unterstützt wird Davis von Johnson, der in seinem Rücktrittsschreiben erklärte: „Der Brexit-Traum stirbt, erstickt von unnötigen Selbstzweifeln.“ Großbritannien bleibe damit „ohne Einflußnahme“ eingebunden in das EU-System und steuere „auf den Status einer Kolonie“ zu. Jacob Rees-Mogg, Vorsitzender der sehr einflußreichen European Research Group, einem Zusammenschluß EU-kritischer Tory-Abgeordneter, meinte, Mays Pläne seien schlimmer als ein Brexit ohne Einigung mit der EU. „Ein sehr weicher Brexit bedeute, daß wir die EU gar nicht verlassen haben, aber zum Befehlsempfänger werden.“ 

Die Gräben im Tory-Lager vertiefen sich

Zu einem Mißtrauensvotum der Brexit-Hardliner in der konservativen Fraktion wird es aber wohl nicht kommen. Es sei dafür keine ausreichende Anzahl an entsprechenden Anträgen eingegangen, sagte Rees-Mogg der BBC. Nachdem May den bisherigen Gesundheitsminister Jeremy Hunt, einem loyalem Gefolgsmann der Premierministerin, zu Johnsons Nachfolger kürte, vertiefen sich die Gräben zwischen beiden Tory-Lagern weiter.

Labour warf May daraufhin vor, „Chaos zu stiften und jegliche Glaubwürdigkeit zu verspielen“. Wie solle Großbritannien zu einem guten Verhandlungsergebnis mit den 27 EU-Staaten kommen, „wenn May nicht mal einen Deal innerhalb ihres eigenen Kabinetts aushandeln kann?“, so Jeremy Corbyn. EU-Ratspräsident Donald Tusk erklärte süffisant, Politiker kämen und gingen, „aber es bleiben die Probleme, die sie für ihr Volk geschaffen haben“.