© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/18 / 13. Juli 2018

Handelsstreit zwischen China und den USA eskaliert
Der Verlierer steht schon fest
Thomas Kirchner

Abschottung und Fremdenfeindlichkeit gehören zum Vokabular aller Donald-Trump-Hasser. Doch beide Vorwürfe beschreiben Chinas Einstellung zum Rest der Welt über Jahrhunderte hinweg besser als die Einstellung des US-Präsidenten. 1793 versuchte Lord Macartney erfolglos, den Export nach China zu erleichtern. Die East India Company durfte nur fünf Monate pro Jahr, nur in Kanton (Guangzhou) und nur mit hohen Zöllen ins Reich der Mitte exportieren, während chinesische Waren in Europa reißenden Absatz fanden. „Ich lege keinen Wert auf seltsame oder clevere Objekte und habe keinen Nutzen für die Produkte Ihres Landes“, soll Kaiser Qiánlóng geantwortet haben.

Seit der Marktöffnung der Volksrepublik ist der Handel zwar einfacher als je zuvor, aber immer noch einseitig und protektionistisch. Exporte spielen für die wirtschaftliche Entwicklung Chinas eine Schlüsselrolle, Importe und Investitionen werden durch hohe Barrieren ferngehalten. Damit das so bleibt, reagiert China heftig auf Trumps Strafzölle. Seit 6. Juli gelten 25 Prozent Zoll auf Sojabohnen, Whiskey, andere landwirtschaftliche Erzeugnisse sowie Kleinflugzeuge im Wert von insgesamt 34 Milliarden Dollar. Weitere 16 Milliarden im Handel mit Öl- und Kohleprodukten sollen folgen. Trumps Reaktion war typisch für ihn: Strafzölle in Höhe von 200 bis 300 Milliarden sind möglich.

Die USA haben den längeren Atem. Nicht nur, weil China viermal soviel in die USA exportiert wie umgekehrt und weil der Anteil der Exporte an der Wirtschaftsleitung in China höher ist als in den USA. Sondern vor allem, weil Chinas Machthaber ihre Legitimität aus der zentral gesteuerten Arbeitsmarktpolitik beziehen. Kommt das Wachstum ins Stocken, kriselt die alleinherrschende Kommunistische Partei. Dazu kommt, daß die US-Wirtschaft nach Trumps Steuerreform auf Hochtouren läuft. Negative Auswirkungen aus dem Handelsstreit werden deshalb in den USA kaum spürbar sein. Die langsame Abwertung des chinesischen Renminbi ist nur eine Drohgebärde, die die Öffnung bestenfalls hinauszögern kann.

In Peking werden Realpolitiker einsehen müssen, daß die seit dem Eintritt des Landes in die Welthandelsorganisation WTO bestehenden Privilegien nicht dauerhaft sind. China hat daraus in den vergangenen 20 Jahren viel Kapital geschlagen und massenweise Firmen im Westen in den Ruin getrieben. Für Peking kommt es nicht nur darauf an, Zugeständnisse zu machen, ohne das Gesicht zu verlieren, sondern auch auf den Machterhalt der KP. Den Europäern wird nichts anderes übrigbleiben, als mitzuziehen. Trotz der Rhetorik um Autoexporte sind sie letztlich nur Statisten, die aber von der Öffnung Chinas profitieren werden. Der Verlierer des Zollstreits steht schon fest. Die Frage ist nur, wie schnell China einlenken wird, und wie dies geschehen kann, ohne daß die KP an Macht verliert.