© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/18 / 13. Juli 2018

Der streitlustige Monopolist aus Santa Clara
IT-Industrie: Ein halbes Jahrhundert Intel / Der kalifornische Prozessor-Gigant steht erneut vor einem Umbruch / Zukunftsbereich Künstliche Intelligenz?
Carsten Müller

Die Grundlagen für die Computertechnologie stammen aus den fünfziger und sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Und es war der Halbleiter-Pionier Gordon Moore, der bereits 1965 postulierte, daß sich die Rechenleistung von integrierten Schaltkreisen jedes Jahr verdoppeln würde. Als Beweis dafür wird gern die 1969er Mondlandung angeführt, deren benötigte Rechenleistung heute mit einem handelsüblichen Smartphone bewältigt werden könnte.

Die IT-Revolution ist dabei fest mit einer Reihe von Firmen verknüpft. Was Microsoft für Betriebssysteme und Apple für das Design sind, ist Intel für die technische Entwickelung von Mikroprozessoren – und das seit 50 Jahren. Allerdings unterscheidet sich das Unternehmen aus dem kalifornischen Santa Clara in vieler Hinsicht von seinen Wegbegleitern. Während Microsoft und Apple die Garagentüftler-Geschichte  verkörpern, war Intel von Anfang an im Markt und bei Kapitalgebern bestens vernetzt. Was auch an den Gründern lag. Denn der genannte Gordon Moore und sein Compagnion Robert Noyce hatten sich bereits ein Jahrzehnt zuvor als Mitgründer und Entwickler bei Fairchild Semiconductors einen Namen gemacht.

Intel, dessen Name sich von „Integrated Electronics“ ableitet, kann auf eine ebenso erfolgreiche wie wechselhafte Firmengeschichte zurückblicken. Heute ist der Konzern mit 80 Prozent Marktanteil bei Mikroprozessoren Quasi-Monopolist – mit 2017 9,6 Milliarden Dollar Gewinn bei 62,8 Milliarden Dollar Jahresumsatz. Doch das war nicht immer so. Gestartet war Intel als Hersteller von Speicherchips (Eprom und Flash) sowie entsprechender Mikroprozessoren. Der 1974 vorgestellte Prozessor 8080 war wegweisend. Bei den Flash-Speichern zog die Konkurrenz schließlich vorbei. 2008 verkaufte Intel dieses Geschäftsfeld, gleichzeitig startete die Produktion des Festplattennachfolgers Solid-State-Drive (SSD). Die x86er Prozessorreihe brachte in den achtziger Jahren die unangefochtene Marktführerschaft – und den schlechten Ruf. Denn die US-Firma verteidigte ihre Monopolstellung vor allem juristisch. Intel überzog Konkurrenten mit Gerichtsverfahren.

Extrem hohe Datenmengen müssen verarbeitet werden

Gleichzeitig wurden neue Märkte erschlossen. Anfangs waren Privatkunden für Intel kein Thema. Mit dem Siegeszug des PC wurde das anders: Regelmäßig wedren neue Prozessorgenerationen beworben. Nicht nur Computerspieler greifen zu, auch ständig erneuerte, ressourcenhungrige Betriebssysteme zwingen die Kunden dazu, sich neue Rechner anzuschaffen. Die Intel-Core-i-Serie (Celeron, Pentium, i3, i5, i7 und i9) hat in Teilbereichen noch Konkurrenz von AMD. Aber selbst in den iMacs und MacBooks von Apple stecken längst Intel-Prozessoren. Die Xeon-Serie ist Standard für Server und Workstations.

Unklar ist, wie sich der Prozessorgigant im Markt für mobile Geräte positionieren kann. Der klassische Absatzmarkt für Intel-Chips, der PC, gilt in den Industrieländern als gesättigt. Wachstum versprechen mobile Endgeräte wie Tablets und Smartphones. Hier hat Intel bislang wenig aufzuweisen. Hier wurden die Forschungsausgaben deutlich angehoben – ob das reicht, gegenüber der neuen Konkurrenz aufholen?

Letztlich kommt Intel zugute, daß die Anforderungen an die Rechenleistungen deutlich zugenommen haben. Und das ist das angestammte Terrain von Intel. Als neue Betätigungsfelder wurden gezielt Bereiche ausgesucht, wo extrem hohe Datenmengen zu verarbeiten sind: virtuelle Realität, 3D-Videoverabeitung, automatisiertes Autofahren und insbesondere der Bereich Künstliche Intelligenz (KI, JF 26/18). Das stromfressende „Internet der Dinge“ (IoT) – die automatische Informationserfassung, die Datenverknüpfung und die Ergebnislieferung ans Netzwerk – verlangen nach neuen Lösungen.

Schaut man auf die vergangenen fünf Jahrzehnte, bleibt als Resümee: Oftmals wechselte Intel in seiner Rolle als Innovator oder Nachzügler. Aber kann Intel seine PC-Marktführerschaft in die Mobilwelt transformieren? Aus Europa droht keine Konkurrenz, doch Asien holt auf. Intel könnte Wettbewerber schlucken und deren Technologien übernehmen. Ob solch eine Strategie wirklich weitere 50 Jahre trägt?

Am 18. Juli feiert Intel den 50. Geburtstag:  newsroom.intel.com