© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 29/18 / 13. Juli 2018

CD-Kritik: Staatskapelle Dresden, Karl Böhm
Profiteure
Jens Knorr

Als Nachfolger des 1933 aus der Dresdner Semperoper herausgebrüllten Generalmusikdirektors Fritz Busch stellte sich Karl Böhm zur Verfügung, „die große Hoffnung des deutschen Dirigentennachwuchses“, wie es 1935 die Hauszeitschrift der Electrola verhieß. Mit der Entfernung von Aufnahmen jüdischer Künstler aus den Katalogen der Plattenfirmen tat sich eine Repertoirelücke für „unterhaltsame“ Klassik auf. Die zu füllen, stellte sich die Dresdner Staatskapelle unter ihrem GMD Böhm zur Verfügung. Ihre Schellack-Aufnahmen von Ouvertüren und Konzertstücken, die meisten von 1938 und 1939, stehen nun, exzellent restauriert und editorisch aufbereitet, in der Edition Staatskapelle Dresden (Vol. 43) zur Verfügung.

In seinen Dresdner Jahren eignete sich Böhm (1894–1981) jene Routine „zeitlosen“ Interpretierens an, das in seinem Eifer, jedem Zeitgeist dienstbar zu sein, heutigem Hören als zeitverhaftet kenntlich wird. Fraglos erklingen all die Zuckerstückchen des Repertoires auf staatskapellarischem Niveau. Aber im direkten Vergleich der Ouvertüren zu „Figaro“, „Verkaufter Braut“ oder „Fledermaus“ mit früheren Aufnahmen unter Fritz Busch (Vol. 30, JF 5/09) läßt sich eine Tendenz zu Neutralisierung jedes Inhalts bei polierter Oberfläche nicht überhören. Damit wird Böhm ein Dirigentenleben lang durchkommen.

Karl Böhm Ouvertüren und heitere Konzertstücke Profil Edition Günter Hänssler 2018 www.haensslerprofil.de