© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 30/18 / 20. Juli 2018

NSU-Urteil
Die Revison wird wackeln
Günter Bertram

Wenn Beate Zschäpe bei keinem der NSU-Morde am Tatort war, wie konnte sie dann als Mittäterin verurteilt werden? Die Antwort steht in Paragraph 25 Absatz 2 Strafgesetzbuch: „Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft.“ Die Vernunft dieser Regelung leuchtet ein: Der Einbruchsgenosse, der drei Ecken entfernt im Fluchtauto wartet, begeht mit dem Rest der Bande auch dann schweren Raub, wenn er selbst nicht am Tatort war. Es gibt allerdings auch entferntere Mitwirkungsformen, die juristisch nicht mehr als Mittäterschaft, sondern nur noch als Tatbeihilfe qualifiziert werden. „Wille zur Tat“ und „Tatherrschaft“ sind zwei Begriffe, die neben anderen zur Abgrenzung dienen. 

Der Münchner Strafsenat hat fünf Jahre lang verhandelt, um die Elemente der Gemeinschaftlichkeit exakt aufzudecken – was ihm eindrucksvoll gelungen zu sein scheint –, und um deren Vorliegen auch zu beweisen, was die Verteidigung als mißlungen rügt. Man hat schon ermittelt, daß ihre Revision beim 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs landen wird, der an den Begriff der Gemeinschaftlichkeit besonders strenge Anforderungen stellt. Trotzdem wird diese Revision vermutlich scheitern.






Günter Bertram war Vorsitzender Richter am Landgericht Hamburg.