© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/18 27. Juli / 03. August 2018

Über den Wolken muß Deutschland wohl grenzenlos sein
Anfrage an die Bundesregierung: Immer mehr Asylbewerber reisen über Griechenland und die Türkei mit dem Flugzeug in die Bundesrepublik ein
Felix Krautkrämer

Die Politik streitet seit Wochen über eine Verschärfung der Asylpolitik. Ob der „Masterplan Migration“ von Bundesinnenminister und CSU-Chef Horst Seehofer, die Debatte um die Ausweitung sicherer Herkunftsstaaten oder das Für und Wider privater Flüchtlingshelfer auf dem Mittelmeer: Kein anderes Thema bestimmt derzeit so sehr die politische Agenda wie die Einwanderung von Asylsuchenden. Doch während sich dabei der Fokus auf Italien sowie die Grenze zu Österreich richtet, kommen immer mehr Asylbewerber auf ganz andere Weise nach Deutschland: mit dem Flugzeug. 

Seit Februar 2017 befragt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge etwa 30 Prozent aller Asylantragsteller ab 14 Jahren aus neun Hauptherkunftsländern, wie sie nach Deutschland gekommen sind. Die Informationen über die Reiserouten sind zwar nicht repräsentativ und auch nur für den internen Dienstgebrauch, dennoch brachte eine Anfrage des stellvertretenden AfD-Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Leif-Erik Holm, im vergangenen März zutage, daß jeder dritte befragte Asylbewerber angab, per Flugzeug nach Deutschland eingereist zu sein. 2017 waren das laut Bundesamt 6.183 Personen, im ersten Halbjahr 2018 etwas mehr als 3.000. 

Holm geißelt „Asyl-Chaos“ der Bundesregierung

Allerdings, so schob das Bundesinnenministerium nach, würden die Angaben nicht überprüft. Auch sei in der Vergangenheit nicht der Flughafen erfaßt worden, von dem aus die Flüchtlinge nach Deutschland geflogen sind. Das änderte sich nach der Anfrage Holms. Seit März dieses Jahres erkundigt sich das Bundesamt auch nach dem Land des letzten Abflugs. Wie eine weitere Anfrage des AfD-Fraktionsvize nun zeigt, stechen hierbei vor allem zwei Länder hervor: Griechenland und die Türkei.

So gaben zwischen dem 1. März und dem 30. Juni dieses Jahres allein 365 Personen an, von Griechenland aus nach Deutschland geflogen zu sein. Das waren zehn Prozent aller Flugzeug-Flüchtlinge in diesem Zeitraum. Fast ebenso viele (347 Asylbewerber) antworteten, in der Türkei abgeflogen zu sein. Auf Platz 3 folgte mit 198 Einflügen Georgien. Die Kaukasus-Republik soll nach dem Willen der Bundesregierung neben Marokko, Tunesien und Algerien zum sicheren Herkunftsland erklärt werden. Hiergegen haben die Grünen allerdings Widerstand im Bundesrat angekündigt.

Die Einstufung als sichere Herkunftsstaaten soll die Bearbeitung der Asylverfahren von Antragsstellern aus diesen Ländern beschleunigen. Tatsächlich wirkt sich dies auf die Dauer der Asylverfahren jedoch nur in geringem Maß aus. Der wahre Vorteil liegt dagegen woanders: Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten können mit Sach- statt mit Geldleistungen versorgt und bis zum Ende ihres Verfahrens in Sammelunterkünften untergebracht werden. Dies macht es für Wirtschaftsflüchtlinge aus den betroffenen Ländern unattraktiver, nach Deutschland zu kommen. 

Doch so sinnvoll es ist, solche Pull-Faktoren zu beseitigen: das Problem der Flugzeug-Flüchtlinge wird dadurch nicht gelöst. Das zeigt auch die Abflughafen-Statistik der Bundesregierung, die der JUNGEN FREIHEIT vorliegt. Demnach kamen 116 weitere Asylsuchende aus dem Irak nach Deutschland, 106 aus dem Iran und 105 aus Italien. Insgesamt finden sich 90 Staaten in der Auflistung, darunter Krisen- und Kriegsgebiete wie Afghanistan (4) und Libyen (2), aber auch Länder wie die Schweiz (6), Schweden (9), Belgien (7), Dänemark (2), Frankreich (18), Norwegen (4), Spanien (29), Finnland (1), Bosnien und Herzegowina (7) und die USA (5).Für den AfD-Abgeordneten Holm zeigt dies, daß die Bundesregierung das „Asyl-Chaos“ immer noch nicht im Griff hat. Es sei unverständlich, daß das Bamf die Angaben der Asylsuchenden über ihre Reiserouten nicht nachprüfe. Dies sei gerade bei einer Einreise mit dem Flugzeug ohne großen Aufwand möglich, sagte er der JF.

„Mit jeder Antwort auf meine Anfragen werden die Einreisen per Flieger immer merkwürdiger. Wie kommen Migranten ohne Visum per Flugzeug von der Türkei nach Deutschland? Oder werden hier etwa Touristen-Visa für die Einreise von Asylsuchenden mißbraucht? Winken Italien und Griechenland an den Flughäfen Migranten einfach durch?“

Die Bundesregierung müsse die offensichtlich illegalen Einreisewege zügig dichtmachen, forderte der AfD-Abgeordnete. Es bringe wenig, über eine Schließung der Mittelmeer-Route zu diskutieren, „wenn illegale Einwanderer ganz locker mit Air Asyl einreisen können“.