© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 31-32/18 27. Juli / 03. August 2018

Unappetitliche Grüne
Vor 35 Jahren machte die junge Partei durch skurrile Aktionen wie dem Blutattentat auf einen US-General oder „Busengrapschereien“ Schlagzeilen
Konrad Faber

Neue Parteien sind nicht immer ein Liebling der deutschen Medien, das bemerkt aktuell deutlich die AfD und das bemerkten vor 35 Jahren gleichfalls die sich heute gern so staatstragend gebenden Grünen. 

Seinerzeit gossen FAZ, Welt und sogar Süddeutsche Zeitung oft Spott und Hohn über die kindisch-unreifen und manchmal menschlich unanständigen Aktivitäten namentlich grüner Landes- und Bundesparlamentarier aus. Kurz vor den Landtagswahlen in Hessen am 25. September 1983, bei denen sich die Grünen gute Chancen als „dritte politische Kraft“ auf ein zweistelliges Resultat bei den Wählerstimmen ausrechneten, erschütterten zwei große Skandale die Partei, die seinerzeit in der bundesdeutschen Presse genüßlich kommentiert wurden. Der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, der auf der Landesliste Hessen gewählte grüne Bundestagsabgeordnete Klaus Hecker, schied zum 31. August 1983 vorfristig aus dem Deutschen Bundestag aus, weil er mehrfach Mitarbeiterinnen an den Busen gegrabscht hatte. 

Schwalba-Hoth macht nach Blut-Aktion Parteikarriere

Noch mehr öffentliches Aufsehen erregte indessen eine Aktion des hessischen Landtagsabgeordneten der Grünen Frank Schwalba-Hoth. Am Nachmittag des 3. August 1983 stürzte sich der 31jährige im Wiesbadener Landtag auf den dorthin eingeladenen Kommandeur des V. US-Korps General Paul S. Williams. Mit den Worten „Blood for the bloody army“ bespritzte er ihn aus einer Flasche mit 100 Milliliter Blut, welches er sich vorher selbst abgezapft hatte. Pikant dabei ist, das Schwalba-Hoth Leutnant der Reserve der Bundeswehr war und während seines Wehrdienstes von 1972 bis 1974 ausgerechnet dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) als Informant zur Ausforschung einer „DKP-orientierten Antimilitaristengruppe in Lüneburg“ (Der Spiegel 27/84) diente. 

Den beiden skandalträchtigen grünen Parlamentariern bekamen ihre Aktionen recht unterschiedlich. Während die Busengrabscheraffäre ziemliche Wellen schlug, man trug damals sogar T-Shirts mit der Aufschrift „don’t Hecker me“, und Klaus Hecker anschließend sogleich in der Versenkung verschwand, blühte in der Folge der Weizen von Frank Schwalba-Hoth. Zunächst stellte der prominente grünenaffine „Fernseh-Professor“ Hoimar von Ditfurth, Vater der Grünen-Politkerin Jutta Ditfurth, wegen der „schwachsinnigen“ Blutspritzerei im Wiesbadener Landtag seine Unterstützung für die grüne Partei ein. Zudem forderte der hessische Landeselternrat, der Referendar Schwalba-Hoth dürfe nicht im öffentlichen Dienst beschäftigt werden, eine Forderung, die auch von der hessischen CDU und SPD unterstützt wurde. Auch die Bundeswehr degradierte nach gründlicher Prüfung des Falles Frank Schwalba-Hoth im Juni 1984 vom Leutnant zum Kanonier, und in Limburg trat infolge der „Blut“-Aktion ein Stadtverordneter der Grünen aus der Partei aus. 

Doch im Gegensatz zum Busengrabscher Hecker wurde die Aktion des grünen „Fundis“ Schwalba-Hoth gegenüber einem General der verhaßten US-Army bei vielen Parteifreunden mit viel Bewunderung quittiert. Von 1984 bis 1987 saß Schwalba-Hoth folglich für die Grünen im Europaparlament und wirkte hier sogar als stellvertretender Vorsitzender des Petitionsausschusses und zuletzt gar als einer der beiden grünen Co-Fraktionsvorsitzenden. In Brüssel gefiel es Schwalba-Hoth so gut, daß er anschließend gleich ganz da blieb und anstatt Lehrer ein politischer Lobbyist wurde, vor allem für „zivilgesellschaftliche“ NGOs. Seit Jahren gilt der 1952 geborene Hamburger als einer der „Supernetzwerker der EU“ in Brüssel.