© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/18 / 10. August 2018

Nimm zwei
Ausländer und der Rassismus der Deutschen: Die #metwo-Kampagne raschelt im Feuilleton
Fabian Schmidt-Ahmad

Viel Lärm um nichts, aber das mit Hingabe. Das deutsche Feuilleton hat mal wieder ein neues Übel entdeckt. Unter dem Hashtag #metwo kann jetzt jeder schreiben, was er schon immer behaupten wollte und noch nicht unter #metoo loswurde. Du bist ein Versager, hast keinen Erfolg? Das liegt bestimmt an deiner Hautfarbe, deiner Herkunft. Nicht etwa, weil du vielleicht faul bist oder schlichtweg dumm. Nein, du bist nicht schuld, nur der „weiße Mann“, der unter sich bleiben will und dir keine Chance gibt!

Angesichts einer multi-milliardenschweren Industrie – bezahlt von eben diesem weißen Mann –, die Einwanderer mit diversen Sprach-, Ausbildungs-, Integrations- und sonstigen Wohlfühlkursen bearbeitet, liegt der Verdacht nahe, hinter den behaupteten „Rassismus“-Erfahrungen oft moralische Erpressung zu vermuten. Das Kind merkt den Erfolg und wird das nächstemal noch lauter schreien. Das Ergebnis ist herrlich viel Unsinn für das Feuilleton. Deniz Utlu verbietet im Tagesspiegel als erstes die journalistische Sorgfaltspflicht:

„Anstatt darüber nachzudenken, wie Rassismus verringert werden soll, wie Betroffene besser geschützt werden, wird – mal wieder – die Frage gestellt, ob es in Deutschland Rassismus überhaupt gibt oder nicht.“ Wurde nun das Glaubensbekenntnis festgelegt und Zweifel als Häresie, geht es an die Dogmatik. Ganz vorne in der Verwechslung von Eitelkeit mit Intellekt, wie immer, die taz: Eine „latente Xenophobie fließt durch die geschlossenen Adern dieser Gesellschaft“, verkündet hier Ilija Trojanow. „Sie offenbart sich in jeder Aussage à la ‘Multikulti ist gescheitert’, obwohl alle Studien und Statistiken beweisen, daß die Migranti dieses Land materiell, aber auch kulturell enorm bereichert haben.“ Ach ja, eine feste Burg ist unser Gott. Das deutsche Feuilleton sollte endlich als Religionsgemeinschaft anerkannt werden. Das tröstet über sinkende Auflagenzahlen in diesem irdischen Jammertal.

Denn ein Jammertal ist es für die Gläubigen. Als diese über den Sexismus des weißen Mannes sprechen wollten, da interessierten sich die Deutschen eher für die zahlreichen Einzelfälle an Vergewaltigern, die zu uns gekommen sind. Und auch derzeit sieht es eher so aus, als wenn jene weniger der Rassismus des weißen Mannes bewegt als der Haß hochkrimineller Sippen, die sich zwar nicht kulturell, aber materiell enorm an Deutschland bereichert haben.

Es ist daher an der Zeit, die Jünger des deutschen Feuilletons in ihrem Glauben zu stärken, indem wir sie an die Grundlagen ihrer Rassismus-Vorwürfe erinnern. Diese liegen in der kommunistischen Ideologie. Etwas großmäulig kündigte Karl Marx der bürgerlichen Gesellschaft ihre völlige Vernichtung an. Vehikel für dieses Zerstörungswerk war ihm der Arbeiter, der darüber hinaus kaum interessierte. „Die Gesetze, die Moral, die Religion sind für ihn ebenso viele bürgerliche Vorurteile“, behauptete das Kommunistische Manifest.

Der Ausgang ist bekannt: der Arbeiter dachte nicht daran, Familie und Nationalstaat abzuschaffen. Weder wollte er die geforderte sexuelle Beziehungslosigkeit, noch verspürte er das Bedürfnis, in ein supranationales Nichts einzutauchen. Rund 120 Jahre später befand sich die Linke entsprechend in einer Sinnkrise. Bis sie auf die Lösung kam. Das Problem war der Arbeiter selbst, und zwar dreifach. Denn er war männlich, er war weiß, und er arbeitete.

Also deutete die Linke den Arbeiter zum Täter um. Er war nun der Mann, der die Frauen unterjocht; der Weiße, der die Farbigen ausbeutet. Ihm erklärte sie den totalen Krieg, den unversöhnlichen Haß. Die Beziehung von Mann und Frau, beider zur Nation, was auf diesen natürlichen Verbindungen beruht, mußte „dekonstruiert“, als „Herrschaftsverhältnis“ entlarvt werden. Diese „strukturelle Gewalt“, mit allerlei Sozialkitsch angereichert, dient seither als Legitimation.

Denn geblieben ist dem weißen Mann, nun als Übel der Welt überführt, freilich die Arbeit. Was er an Werten schafft, womit er eine Familie ernähren, den Wohlstand der Gemeinschaft mehren wollte, soll ihm weggenommen werden. Keine Familie, keine Nation. „Nein, wir wollen den Frauen gerade nicht die Wahl lassen zwischen Berufstätigkeit und Mutterdasein und zwar aus dem einfachen Grunde, weil zu viele Frauen sich für die Mutterschaft entscheiden würden“, heißt es in Simone de Beauvoirs „Das zweite Geschlecht“.

Was sich hinter linkem Emanzipationsgeschrei verbirgt, ist nichts anderes als Vernichtungswille. Jede Frauenverachtung, jeder Rassenhaß sind in Wirklichkeit willkommen, so sie der sozialen Zersetzung dienen. „Einen Europäer erschlagen, heißt zwei Fliegen auf einmal treffen, nämlich gleichzeitig einen Unterdrücker und einen Unterdrückten aus der Welt schaffen“, freute sich Jean-Paul Sartre im Vorwort von Frantz Fanons „Verdammte dieser Erde“.

Wer in diesen Jubel nicht einstimmen mochte, den belegte der französische Salonkommunist Étienne Balibar vor dreißig Jahren in „Rasse, Klasse, Nation“ mit einem Bannfluch. Wer eine „Unvereinbarkeit der Lebensweise und Traditionen“ bestimmter Völker und Gruppen behaupte, der verfolge einen „Rassismus ohne Rassen“. Dieser sei aber das wegzuräumende Hindernis zu einem „wirklichen ‘Zeitalter der Massen’“, in dem „Ortsveränderungen ganzer Bevölkerungsgruppen“ dazu führten, „den Begriff der ‘Grenze’ neu zu denken“.

Ein pseudoreligiöser Katechismus enttäuschter Kommunisten, die sich für den ausgebliebenen Weltenbrand rächen wollen, steht hinter Kampagnen wie #metwo. Mit Freiheit hat das nichts zu tun, wohl aber mit Kulturhaß und Menschenverachtung. Das also ist der Gott des deutschen Feuilletons. Es ist ein Gott, der frißt: Menschen, Völker und Nationen.