© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 33/18 / 10. August 2018

Plattformen sollen für „schädigende“ Inhalte haften
Soziale Netzwerke: Britische Parlamentarier kritisieren Facebook und fordern schärfere Gesetze
Christian Schreiber

Als Barack Obama seinen ersten Präsidentschaftswahlkampf führte, gewann er diesen auch, weil es seinem Team gelungen war, in der Nutzung neuer Medien Akzente zu setzen. Keine politische Bewegung kommt heute ohne entsprechende Aktivitäten in den sozialen Netzwerken aus. Lange Zeit sind Politikwissenschaftler davon ausgegangen, daß diese Form der Partizipation eine Stärkung der Demokratie herbeiführe. Um so überraschender liest sich nun ein 89seitiger Zwischenbericht des Ausschusses für Digitales, Kultur, Medien und Sport des britischen Parlaments, der in der vergangenen Woche veröffentlicht wurde. „IT-Konzerne wie Facebook, Twitter oder Google und ihr giftiges Ökosystem haben mitgeholfen, die Volksabstimmung zum EU-Austritt des Vereinigten Königreichs zu beeinflussen, den Völkermord an der Rohingya-Minderheit in Myanmar umzusetzen und haben zudem die Grundrechte von Millionen von britischen Bürgern mit Füßen getreten“, heißt es dort.

Mehr als ein Jahr sind die Parlamentarier durch die Welt gereist, haben mit Wissenschaftlern, Dozenten und Analysten gesprochen. Über 150 schriftliche Stellungnahmen haben sie bei Behörden, Konzernen und Experten eingefordert. Das nun veröffentlichte Fazit liest sich wie eine einzige Anklage gegen den Internetriesen Facebook. Der US-Konzern habe sich äußerst unkooperativ verhalten. „Facebook hat alle Informationen. Außenstehende haben sie nicht, außer Facebook entscheidet sich, sie zu veröffentlichen.“ Facebook sei unwillig gewesen, Informationen mit dem Ausschuß zu teilen, „was nichts Gutes verheißt für künftige Transparenz.“ Die Anbieter würden behaupten, sie seien neutral, „aber wie können Firmen, die Meinungen machen und Geld verdienen, neutral sein?“ 

Die Abgeordneten fordern bis Ende des Jahres neue Gesetze, nach denen Plattformen wie Facebook, Twitter und Google über ihre Arbeitsweisen und Algorithmen Rechenschaft ablegen müssen. Jede Online-Anzeige solle ein Impressum zum Auftraggeber vorweisen. Unternehmen sollen zudem für verbreitete „schädigende und illegale“ Inhalte haftbar gemacht werden können.

Laut Bericht habe die Brexit-Austrittskampagne außerdem „tatkräftige Unterstützung aus Rußland“ erhalten. Erst im Laufe der Untersuchung hätten sich die vielen Verbindungen zu Rußland offenbart, sagte der konservative Ausschußvorsitzende Damian Collins der britischen Tageszeitung The Guardian.