© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/18 / 17. August 2018

„Links sind wir sicherlich nicht“
Alternative für Schweden: Im Fahrwasser der Schwedendemokraten will die neue Rechtspartei punkten
Curd-Torsten Weick

Herr Kasselstrand, Sie haben im Frühjahr die Partei Alternative für Schweden  gegründet. Warum?

Gustav Kasselstrand: Der schwedische Staat kollabiert gerade vor unseren Augen, und wenn wir nicht bald die Kontrolle über unser Schicksal wieder selbst in die Hand nehmen, wird sich unsere Nation ersatzlos auflösen. Es braucht eine Alternative zu den etablierten Parteien, und deswegen haben wir die Alternative für Schweden gegründet.

Mit welchen Problemen hatten Sie zu kämpfen?

Kasselstrand: Zuerst mußten wir 1.500 Unterschriften sammeln, dann die bürokratische Hürde überwinden und letztlich den Start planen und durchführen. Das war vor allem zeitlich und organisatorisch überaus mühsam, aber lehrreich. Danach haben wir vor allem mit hohem persönlichen Einsatz aller Parteimitglieder unseren Bekanntheitsgrad in ganz Schweden erhöht. 

Sind erste Erfolge zu vermelden?

Kasselstrand: Drei Reichtagsabgeordnete der oppositionellen Schwedendemokraten (SD) sind zu uns gestoßen: Olle Felten, der 31jährige Jeff Ahl sowie  der ehemalige SD-Vorsitzende Mikael Jansson.

Jimmie Åkesson, Chef der Schwedendemokraten, versucht seit langem mit seiner Partei die rechte Ecke zu verlassen. Zuletzt wurde Anna Hagwall ausgeschlossen. Sie hatte verklausuliert gefordert, daß keine „ethnische Gruppe“ mehr als fünf Prozent der schwedischen Medien kontrollieren dürfe. Auch Sie wurden 2015 als Chef der Jungen Schwedendemokraten (SDU) aus der Partei und Fraktion der Schwedendemokraten ausgeschlossen. Was waren die Vorwürfe?

Kasselstrand: Es wurde uns der Vorwurf gemacht, daß wir rechtsextremes Gedankengut vertreten und Kontakte mit extremen Parteien in Europa pflegen. Doch was soll denn an Front National oder FPÖ extrem sein? Kein einziger Beweis wurde präsentiert, obwohl man unsere E-Mailadressen gehackt hatte. Es war nur eine fadenscheinige Ausrede, um innerparteiliche Konkurrenz loszuwerden und in der Partei eine Kultur der Angst zu etablieren. 

Eine Umfrage ergab nun, daß die Schwedendemokraten mit 20 bis 25 Prozent einen Monat vor der Parlamentswahl nur knapp hinter den regierenden Sozialdemokraten (23 Prozent) liegen. Wo sehen Sie da noch ihre Chancen? 

Kasselstrand: Unsere Chancen steigen mit jedem Tag, und je besser die Werte der Schwedendemokraten sind, um so besser für uns. Wir wissen, daß zwei Drittel ihrer Wähler für eine härtere Linie in der Zuwanderungspolitik stehen und gleichzeitig bereit sind, ihre Stimme für eine Partei abzugeben, die glaubwürdig diese Position vertritt. Uns muß es nur gelingen, diese Stimmen aufzufangen. Mit über 1.200 Aktivisten in ganz Schweden sind wir guten Mutes.

Wo sind die Unterschiede zwischen der Alternative und den Schwedendemokraten bei den Themen Migration, Sicherheit, Neutralität und dem Verhältnis zur Europäischen Union?

Kasselstrand: Der Hauptunterschied ist, daß wir nicht bereit sind, Kompromisse einzugehen, die auf Dauer gegen die Interessen des schwedischen Volkes sind. In der Migrationspolitik sind wir die einzigen, die sagen, daß Menschen, die keine Voraussetzungen haben, einen erfolgreichen Integrationsprozeß abzuschließen, das Land wieder verlassen müssen. Das sind mindest eine halbe Million Menschen. Wir treten entschlossen für den Swexit ein und sind entschieden gegen einen Nato-Beitritt. Wir sind auch offen für andere europäische patriotische Parteien und wollen gerne mit denen zusammenarbeiten.

Gibt es Kontakte zu anderen Parteien in der EU? 

Kasselstrand: Ja, mit vielen, zum Beispiel zur Alternative für Deutschland, zur FPÖ, zum Front National und vielen anderen.

Wie wird die Alternative in den schwedischen Medien dargestellt. Gibt es Unterschiede zu den Schwedendemokraten, die sich immer über die politische Ausgrenzung beschwert haben? 

Kasselstrand: Im Gegensatz zu den Schwedendemokraten werden wir tatsächlich ausgegrenzt. Wir erleben fast gar keine Berichterstattung in den etablierten Medien, und die anderen Parteien, auch die Schwedendemokraten, schweigen vollkommen zum Thema Alternative für Schweden. Das ist kurzfristig eine Herausforderung, aber auch ein Zeichen unserer Qualität. Deswegen werden wir von den Wählerinnen und Wählern als die richtigen Aufbrecher des korrupten Systems anerkannt. Da wir in den etablierten Medien fast keine Publizität bekommen, haben wir unsere Arbeit stark auf soziale Medien verlagert – das mit Erfolg.

Deutsche Medien sprechen immer wieder von den „rechtspopulistischen“ Schwedendemokraten. Liegen sie mit dieser Verortung richtig? Welche Definition würde zur Alternative für Schweden passen?

Kasselstrand: Zum Teil paßt  der Begriff. Die Schwedendemokraten haben die Massenzuwanderung thematisiert und waren vormals Gegner des Establishments. Mit jedem Tag verlassen sie doch ihre Position des Außenseiters. Wir füllen dieses Vakuum. Es läßt sich aber darüber streiten, ob wir rechts sind. Doch in erster Linie wollen wir sachlich und unideologisch die Probleme angehen und Lösungen anbieten. Ob das rechts ist, weiß ich nicht, aber links sind wir sicherlich nicht.

Welche Chancen sehen Sie für eine neue Rechtsfraktion nach der EU-Wahl im Mai 2019? Wird eine schwedische Partei dabei sein?

Kasselstrand: Wir sind zuversichtlich, die Vier-Prozent-Hürde überspringen zu können. Dann werden wir im Gegensatz zu den Schwedendemokraten mit Begeisterung den Kontakt mit Parteien wie zum Beispiel der FPÖ suchen. Wir werden ein verläßlicher Partner sein. Wir sind stolz darauf, Schweden, Skandinavier und Europäer zu sein. Dieses Erbe gibt uns eine Geschichte und gleichzeitig eine Verantwortung für die Zukunft des Kontinents. 






Gustav Kasselstrand, Jahrgang 1987, war von 2011 bis 2015 Vorsitzender des Jugendverbands der Schwedendemokraten (SDU) sowie und deren Parteisekretär. 2015 wurde er sowie SDU-Generalsekretär William Hahne aus der Partei ausgeschlossen. Der Vorwurf lautete, er habe Kontakte zu „externen extremistischen Parteien“. Dies hätte zum Ziel, die „ideologische Position der Mutterpartei zu ändern“. Zusammen mit Hahne gründete er im März 2018 die Alternative für Schweden.