© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 34/18 / 17. August 2018

Trump hat geliefert
USA: Wirtschaftsboom nach Steuerreform und Deregulierung / Republikaner genießen Startvorteil
Thomas Kirchner

Die Washington Post, die New York Times und CNN sowie die von ihnen abschreibenden deutschen Medien berichten genüßlich über negative Auswirkungen von Donald Trumps Strafzöllen. Populäre Einzelfälle erwecken den Eindruck, die US-Wirtschaft leide. Harley-Davidson wolle ein Werk ins Ausland – vielleicht sogar nach Deutschland – verlegen. Die EU-Gegenzölle auf Whiskey machen die US-Spirituosenbranche nervös: Ihr Export, der von 575 Millionen (1997) auf 1,64 Milliarden Dollar (2017) wuchs, ist in Gefahr. Manche Fabriken haben Schichten reduziert, weil ihre importierten Rohmaterialien wegen der Strafzölle zu teuer geworden sind.

Weniger Beachtung finden die durchweg positiven Statistiken aus den USA: Die Arbeitslosenzahl mit 6,3 Millionen auf Rekordtief, das Wachstum bei 4,1 Prozent im zweiten Quartal. Optimisten sehen sogar eine Fünf vor dem Komma für das dritte. Trumps Steuerreform, medial als Geschenk für Milliardäre belächelt (JF 41/17), zeigt Wirkung. Das ist keine Überraschung, denn die beiden Vorbilder, die Steuerreformen von John F. Kennedy und Ronald Reagan, waren durchschlagende Erfolge.

Und genau bei der Steuerreform setzen Trumps Kritiker an: Die Steuersenkungen würden die US-Schuldenlast erhöhen. Kaum jemand glaube, daß der Aufschwung lange genug so halten wird, daß Wachstum die Einnahmeausfälle ausgleicht. Aber das gleiche Argument gilt dann auch für Steuererhöhungen: Einnahmen fallen durch neue Vermeidungsstrategien und die gesamtwirtschaftliche Effizienz sinkt. Überhaupt sorgte sich keiner der Unkenrufer um Barack Obamas Haushaltsdefizite, die zeitweise fast zehn Prozent erreichten.

Bei der Deregulierung ist die US-Regierung weniger mutig: In Trumps Amtszeit wurden bisher zwar nur halb so viele neue Vorschriften erlassen wie im gleichen Zeitraum unter George W. Bush oder Obama. Eine Reduzierung läßt hingegen auf sich warten, von einigen Ausnahmen bei Energie und Umwelt abgesehen. Vorschriften abzuschaffen ist ein langwieriger Prozeß, der meistens die Zustimmung des Kongresses benötigt. Dabei gestehen inzwischen auch den Demokraten nahestehende Denkfabriken ein, daß Reformen und Vereinfachungen vieler Verwaltungsvorschriften überfällig sind. Trump verlangt von jeder Behörde, vor Verabschiedung einer neuen Regulierung zwei alte abzuschaffen.

US-Arbeitslosenquote auf 3,9 Prozent gesunken

Der derzeitige Aufschwung dauert nun schon acht Jahre, nur unter Bill Clinton gab es bisher eine längere Expansion, die zehn Jahre andauerte und auch eine Spätfolge der von Reagans Steuerreform ausgelösten Investitionswelle war. Auch Trump muß die Lorbeeren mit anderen teilen: Obamas Staatsausgaben wirken nach, die Zinspolitik der US-Zentralbank Fed bleibt expansiv. Dennoch ist klar, daß diese Effekte ohne Trumps Steuerreform und Deregulierung schon längst verpufft wären.

Eine Renaissance der amerikanischen Industrie ist sogar in den „Rostgürtel“-Regionen im Mittleren Westen erkennbar. Einstige Industriestädte wie Milwaukee oder Indianapolis erleben eine neue Blüte. Arbeitskräftemangel ist plötzlich ein Thema. Besonders Lastwagenfahrer oder Baufachkräfte wie Klempner fehlen. Langzeitarbeitslose, die aus der Statistik herausgefallen waren, weil sie die Arbeitssuche eingestellt hatten, kehren in den Arbeitsmarkt zurück. Die Arbeitslosenquote ist mit 3,9 Prozent jetzt niedriger als vor der Finanzkrise. Unter Afroamerikanern erreichte die Quote mit 5,9 Prozent ihren niedrigsten Wert seit 1972, als sie erstmals erhoben wurde. Daher zitiert Trump plötzlich gerne die US-Arbeitslosenzahlen, die er vor seiner Amtseinführung wegen ihrer statistischen Unzulänglichkeiten zu Recht als „Nonsense“ bezeichnet hatte.

Natürlich gibt es auch pessimistische Statistiken, die auf ein mögliches Ende des Booms hinweisen: Beispielsweise sind derzeit gebrauchte Landmaschinen Ladenhüter bei den Händlern – was an den chinesischen Strafzöllen auf US-Sojabohnen liegen könnte. Doch gebrauchte Lkw sind Mangelware, was auf andauernde Investitionsbereitschaft hindeutet. Der Optimismus der Wirtschaft schlägt auch politisch durch. Die Beliebtheit Trumps ist höher als die Oba-mas im zweiten Jahr seiner Amtszeit. Angesichts der fast durchweg negativen Berichterstattung über den Präsidenten sind diese Werte erstaunlich. Sie erklären aber erneut den Erfolg Bill Clintons, der 1992 den Golfkriegsgewinner George Bush besiegte, weil er im Wahlkampf die schwache Wirtschaft den militärischen Leistungen gegenüberstellte: „It’s the economy, stupid!“

Für die am 6. November anstehenden Zwischenwahlen zum Kongreß verschaffen die guten Wirtschaftszahlen den Republikanern einen Startvorteil. Um die Mehrheit im Repräsentatenhaus zu erringen, müßten die Demokraten nicht nur alle Sitze behalten, sondern auch 25 republikanische dazugewinnen, um auf 218 zu kommen. Möglich ist das: Die Republikaner konnten 2010 zum Höhepunkt der Tea-Party-Bewegung 64 demokratische Sitze gewinnen.

Doch die Demokraten sind nach dem erbitterten Zweikampf Hillary Clinton-Bernie Sanders zerstritten. Viele Medien feiern junge Kandidaten wie die kopftuchtragende Muslimin Ilhan Omar oder Linke wie Alexandria Ocasio-Cortez, die Nominierungen in der Partei gewinnen konnten, aber mit ihren extremen Positionen – etwa der Abschaffung der Einwanderungsbehörde Immigration Customs Enforcement – bei breiten Wählerschichten keine Resonanz finden. Das und die gute wirtschaftliche Lage deuten darauf hin, daß die Republikaner als Wohlstandsbringer die Zwischenwahlen gewinnen werden – trotz CNN & Co.

 whitehouse.gov/

 www.usa.gov/statistics

 www.census.gov