© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 35/18 / 24. August 2018

Ringen um die volkstumspolitische Hoheit
Südtirol: Während die Freiheitlichen mit Turbulenzen zu kämpfen haben, erwacht die Volkspartei aus ihrem Dornröschenschlaf
Martin Feichter

Im Interview mit der Neuen Südtiroler Tageszeitung sprach Anna Vikoler Tacheles: „Wer bei den Freiheitlichen aus den Reihen tanzt, wird fristlos entfernt.“ Das Vorstandsmitglied teilte gegen Parteifunktionäre aus und kritisierte, daß bestimmte Namen keinen Platz auf der Kandidatenliste für die Landtagswahl am 21. Oktober fanden. 

Doch bei der Debatte über die Liste war Vikoler nicht anwesend. „Sich jetzt medial über einzelne Funktionäre auszulassen, zeugt nicht unbedingt von jenem Stil, den Vikoler selbst anmahnt“, entgegnet der Generalsekretär der Freiheitlichen, Florian von Ach. 

Es ist eine von vielen Stellungnahmen, die von Ach und Freiheitlichen- Parteichef Andreas Leiter Reber in jüngster Zeit abgeben müssen. Zuerst Vikoler, dann der Parteiaustritt des Unterlandler Bezirkssprechers Arno Mall, und als wären die Negativereignisse im Wahljahr nicht schon genug, zog auch der Ehrenparteivorsitzende Pius Leitner seine Kandidatur „zum Wohle der Partei“ zurück. Ihm wurden Ungereimtheiten bei teils Jahrzehnte zurückliegenden Zahlungen vorgeworfen. Eine „beispiellose Verleumdungskampagne“ sei es, die gegen die Freiheitlichen gefahren wird, bekräftigt Leiter Reber. 

Dennoch gibt man sich optimistisch und setzt auf „bewährte“ Themen wie Zuwanderung, Kriminalität und Minderheitenschutz. „Gegenwind sind wir Freiheitliche gewöhnt, ebenso das Kämpfen. Wir werden mit vollem Einsatz unserer Heimat dienen“, sagt von Ach zur JF. 

Themen, die nun auch die liberal-konservative Südtiroler Volkspartei (SVP) für sich entdeckt. War es spätestens nach dem Antritt von Landeshauptmann Arno Kompatscher vor fünf Jahren in der Partei mucksmäuschenstill, wenn es um volkstumspolitische Belange ging, versucht die Regierungspartei  diese wieder zu bedienen. 

Mitte Juni traf sich Kompatscher daher mit heimatverbundenen Parteimitgliedern. „Hauptgrund für das Treffen war es, daß volkstumspolitische Themen innerhalb der Volkspartei überhaupt wieder zur Sprache kommen“, sagte ein Teilnehmer zu UnserTirol24. Dort wurde Kompatschers Abwesenheit bei der Sepp-Kerschbaumer-Gedenkfeier  kritisiert. Hier gedenken vor allem die Südtiroler Schützen jeweils im Dezember der Tiroler Freiheitskämpfer. Der Landeshauptmann zeigte sich einsichtig: Die volkstumspolitische Flanke der SVP muß geschlossen werden. Martin Federspieler übernahm und wurde prompt auf die Kandidatenliste gesetzt. Nun schlägt der Schütze Töne an, wie man sie bis dato nur hinter vorgehaltener Hand hörte. „Wir müssen uns in einem fremdnationalen Staat mit dem Ziel behaupten, uns auf kurz oder lang zu lösen“, stellte er in den Dolomiten klar – immerhin sind im patriotischen Lager rund 30 Prozent der Wählerstimmen zu holen.