© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/18 / 31. August 2018

Sicherheitspolitik
Markige Worte von Maas
Dieter Stein

Nichts weniger als eine „Neuvermessung“ der Partnerschaft zwischen Europa und den USA forderte der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) vor wenigen Tagen in einem Aufsatz für das Handelsblatt. Um es vorwegzunehmen: Einiges, was Maas dort antippt, ist gar nicht falsch. Nicht erst unter Trump driften EU, Nato und Amerika zunehmend auseinander. Und: Um außen- und sicherheitspolitisch ernster genommen zu werden, komme man um eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben nicht herum.

Die nicht nur über Twitter verteilten Kopfnüsse des US-Präsidenten für langjährige Partner und die Renationalisierung der Politik Wahsingtons, der Rückzug der Amerikaner aus multilateralen Abkommen, die Streichung von Subventionen für die UN stoßen die Europäer aus dem wärmenden transatlantischen Nest und holen vor allem Deutschland auf den realpolitischen Boden der Tatsachen zurück. Wir erinnern uns wieder an die nüchterne Feststellung von Charles de Gaulles: „Staaten haben keine Freunde, nur Interessen.“

Die jüngste Kündigung des Iran-Atom-Abkommens durch die USA und die ultimative Nötigung westlicher Bündnispartner, neue Sanktionen gegen den Iran mitzutragen, provozieren Gegenwehr. Maas bringt sogar ein neues internationales Zahlungssystem als Alternative zu Swift ins Spiel, was einst schon Russen und Chinesen diskutierten, um den einseitigen Eingriff der USA in den Zahlungsverkehr zu unterbinden. Auch das im Prinzip kein falscher Ansatz – die EU könnte sich jedoch zunächst gegen eine Intervention gegen das immerhin in Belgien ansässige Zahlungssystem wehren. Wenn politischer Wille und Entschlossenheit da wären.

Tatsächlich entpuppen sich die Forderungen des deutschen Außenministers als gefährliches großspuriges Gerede. Viel ist von „Übernahme von Verantwortung“ die Rede, von einem Schulterschluß mit Frankreich, was ungut nach neuen Transfermilliarden riecht. Wie soll eine „Europäisierung“ der Sicherheitspolitik jenseits der Nato aussehen, wenn die Atom-macht Großbritannien die EU gerade verläßt? Frankreich wird nie im Leben seine Atomwaffen einem europäischen, mittelbar deutschen Kommando unterstellen.

Was sollen also lächerliche Luftschlösser einer durch europäische Verteidigungspolitik neu „balancierten Partnerschaft“, wenn Deutschland noch nicht einmal demonstrieren kann, seine nationalen Grenzen polizeilich gegen illegale Migranten zu schützen? Statt sich feige hinter „Europäisierung“ zu verstecken, müßte Maas deutsche Hausaufgaben machen: Des Pudels Kern liegt in der generellen Weigerung Deutschlands, sein nationales Interesse zu artikulieren und militärische Verteidigungsfähigkeit selbst ernst zu nehmen. Der katastrophale Zustand der Bundeswehr sagt alles. Doch wenn es konkret wird, löst sich Markigkeit à la Maas in heiße Luft auf.