© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/18 / 31. August 2018

„Viele Stimmen, die nach Land schreien“
Südafrikas Landreform: Größter Bauernverband des Landes weist USA zurecht / Bankchef beklagt „negative Anlegerstimmung“
Mina Buts

Christo van der Rheede, seines Zeichens stellvertretender Direktor des größten kommerziellen Bauernverbands Südafrikas Agri-SA, zeigte sich empört. Es sei komplett unnötig, daß US-Präsident Donald Trump „Fake News“ über die Landreform verbreite. Diese dienten nur dazu, die Südafrikaner weiter zu spalten. Statt Falschnachrichten zu verbreiten, sei es wichtig, wie nun hier bei der Landwirtschaftskonferenz in Bela-Bela, zusammenzukommen, um die Probleme zu lösen. 

Es gebe keinen Grund, so van der Rheede weiter, daß ein anderes Land Südafrika diktiere, was zu tun sei. Auch die Regierung Cyril Ramaphosa geißelte die „engstirnige Wahrnehmung“ Trumps per Twitter.  

Kurz zuvor hatte Trump nichts weiter getan, als den Außenminister seines Landes aufzufordern, die angekündigten entschädigungslosen Enteignungen des Grundbesitzes weißer Farmer und die „in großem Maße stattfindenden Morde“ an denselben im Auge zu behalten und zu untersuchen. 

ANC: Agrarsektor darf keinen Einbruch erleiden 

Fast zeitgleich warf Fox-News-Moderator Tucker Carlson Ramaphosa vor, er habe diese Umverteilung nur begonnen, „weil die Farmer die falsche Hautfarbe haben“. Das wollte dieser nicht auf sich sitzen lassen: niemand werde wegen seiner Hautfarbe enteignet. Vielmehr gehe es bei der Enteignung darum, das Unrecht aus der Zeit der Apartheid „zurechtzurücken“. Tatsächlich befinden sich 70 Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche in den Händen von Weißen. 

Auf dem von der Landwirtschaftszeitung Landbou Weekblad und der Landwirtschaftsunion Agri-SA organisierten Landgipfel, der vergangene Woche auf dem Gelände des Zwartkloof Game Reserve in Bela-Bela (Provinz Limpopo) stattfand, stellte Vizepräsident David Mabuza den Farmern die Sachlage noch einmal dar. Im Dezember 2017 habe der ANC die Enteignung von Land ohne Entschädigung beschlossen. Nun habe der Prozeß der öffentlichen Konsultationen begonnen, um die Ansichten der Südafrikaner zu diesem Thema einzuholen. Doch, so Mabuza weiter, gebe es „viele Stimmen, die nach Land schreien, um die Lebensbedingungen und Möglichkeiten für eine nachhaltige Existenzsicherung zu verbessern“.

Der Führung des ANC sei jedoch klar, daß die Umsetzung von Landreformmaßnahmen nicht zu „sozialen Brüchen“ führen dürfe. Als ANC werde man „keine Landraubpraktiken unterstützen, die die Wirtschaft und die Arbeit des Agrarsektors untergraben“ würden.

„Wir unterstützen voll und ganz die Debatte über den demokratischen Prozeß der Landreform sowie die Notwendigkeit historischer Wiedergumachung“, erklärte dann auch Mike Brown, Vorstandsvorsitzende der Johannesburger Nedbank. „Wichtig“ sei jedoch, daß das „sensible“ Thema „angemessen behandelt“ werde. Die Reform dürfe keine „Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum“ haben, auch die Ernährungssicherheit müsse „gewährleistet“ sein.

Angaben des Onlinedienstes IOL zufolge gab Brown jedoch zu bedenken, daß sich die Landdebatte bereits „negativ auf die allgemeine Anlegerstimmung und damit auf die Wirtschaftstätigkeit und die Schaffung von Arbeitsplätzen ausgewirkt“ habe. 

Vor diesem Hintergrund einigten sich die Präsidenten der African Farmers Association, Vuyo Mahlati, der National African Farmers’ Union, Motsepe Matlala, sowie Louis Meintjes (Transvaal Agricultural Union) und Dan Kriek (Agri-SA) darauf, gemeinsam eine „nationale Entwicklungsstrategie für den Agrarsektor zu entwickeln“. Die Probleme mit der Bodenreform seien so umfassend und kompliziert, daß es unwahrscheinlich sei, daß diese überhaupt festgelegt werden könnten. „Das System benötigt ein komplettes Redesign“, so die gemeinsame Erklärung. Privateigentum und das Prinzip des freien Marktes würden dabei eingehalten.