© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 36/18 / 31. August 2018

Den Finger weiterhin in die Wunde legen
Aus nach elf Jahren: Holger Kreymeier setzt „Fernsehkritik-TV“ ab / Ein neues Online-Format ist bereits geplant
Christian Schreiber

Holger Kreymeier mag nicht mehr, zumindest nicht so. Der deutsche TV-Kritiker orientiert sich um. Eine der dienstältesten deutschsprachigen Online-Sendungen geht nach über elf Jahren Anfang September zu Ende. Das satirisch-kritische Magazin „Fernsehkritik-TV“ werde nach insgesamt 237 Ausgaben eingestellt, kündigte die Alsterfilm GmbH im Juli an, deren Geschäftsführer Kreymeier ist.

Für seine Bemühungen, kritisch hinter die Kulissen des Fernsehbetriebs zu blicken, erhielt Holger Kreymeier 2010 den Grimme Online Award. Dennoch zieht er jetzt einen Schlußstrich. „Fernsehen ist langweilig geworden“, sagt Kreymeier, der das Magazin im April 2007 startete. „Die interessanten, die skandalösen, die betrügerischen, die skurrilen Dinge finden mittlerweile im Internet statt.“ Er freue sich, „daß viele Betrügereien, die ich vor zehn Jahren pausenlos zum Thema gemacht habe, inzwischen im Fernsehen nicht mehr stattfinden“, erklärt Kreymeier und nennt als Beispiel das Aus des ehemaligen Verkaufssenders 9Live. „Als die dichtgemacht haben, da gab es Leute, die mir bescheinigten, ich hätte dazu auch einen Beitrag geleistet. Empirisch belegen kann ich das aber nicht.“ Kreymeier habe mit seinem Format Digital-Geschichte in Deutschland geschrieben, bilanziert der Branchendienst Kress. Er durfte prominente Gäste wie Hugo Egon Balder, Oliver Kalkofe, Helmut Thoma, Heiner Bremer, Hella von Sinnen und Werner Schulze-Erdel begrüßen.

Doch der umtriebige Bewegtbild-Macher hat ein neues Projekt. So startet er bereits Mitte September auf „Massengeschmack-TV“ das Nachfolgeformat „Die Mediatheke“. Darin soll es zumindest auch gelegentlich noch ums Fernsehen gehen, allerdings nur noch am Rande. „Ich freue mich auf meine neue Sendung und bin sicher, daß sie für ähnlich viel Furore sorgen wird wie Fernsehkritik-TV“, sagt Kreymeier. Nun heiße es, „das schlechte Internet zu bekämpfen“. Massengeschmack-TV ist ein Online-Bezahlkanal mit diversen Magazinen ohne Werbung, das von Alsterfilm betrieben wird. Die meisten Sendungen erscheinen zweiwöchentlich. Das monatliche Abonnement kostet 6,99 Euro und zeigt, daß es neben Streamingdiensten und Youtube auch noch weitere Alternativen zu ARD & ZDF und den großen privaten Medienkonzernen gibt. Hier will Kreymeier auch weiterhin den Finger in die Wunde legen: „Die Grenze zwischen öffentlich-rechtlich und kommerziell ist so verschwommen, das werde ich immer wieder zum Thema machen“, kündigt er an.