© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/18 / 07. September 2018

Die teure Derivatepolitik des hessischen Finanzministeriums
Zocker von der CDU
Carsten Müller

Wer als Privatanleger zur Absicherung von Geschäften Derivate kaufen möchte, muß gegenüber der Bank fast schon einen Offenbarungseid leisten und die Fähigkeit nachweisen, die Verluste zu tragen. Anders ist es, wenn man Finanzminister ist und es um öffentliche Haushalte geht. Die Derivate-Affäre, die Hessen auf Trab hält, macht zwei Probleme deutlich: den fahrlässigen Umgang mit Steuergeldern und die Selbstüberschätzung politischer „Finanzexperten“.

Bei der Finanzierung öffentlicher Haushalte sind Derivate eigentlich per se kein Teufelszeug. Doch die Statistik zeigt, daß die wenigsten Kämmerer mit diesen hochspekulativen Finanzinstrumenten umgehen können. Von zwölf Bundesländern, die 2016 Derivate einsetzten, verbuchten laut Welt acht zumindest Buchverluste. Nur die eher moderat verschuldeten Länder Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen verzichteten komplett auf Derivate. Knapp zwei Monate vor der Landtagswahl hat Hessens CDU-Ministerpräsident Volker Bouffier nun ein veritables Problem. Denn die 2011 und 2014 vorgenommenen Derivate-Geschäfte liegen mittlerweile mit 4,2 Milliarden Euro im Minus. Das sind zwar noch keine realisierten Verluste, aber ein jahrelanges finanzielles Damoklesschwert über dem hessischen Haushalt.

Daß sich Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) und seine Experten bei der Einschätzung der Zinsentwicklung irrten, mag dabei mindestens höchst ärgerlich sein. Der eigentliche Skandal scheint allerdings zu sein, daß die Landtagsabgeordneten in den vergangenen Jahren regelmäßig durch schöngefärbte Statistiken über den angeblichen Erfolg der Derivate-Strategie in die Irre geführt wurden. Wundern sollte dies nicht. Denn auch bei der Griechenland- „Rettung“, der Eurokrise oder den Migrationskosten sind die meisten Parlamentarier allzu gern bereit, den präsentierten Regierungszahlen zu glauben. Sind ja nur Steuergelder.

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