© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/18 / 07. September 2018

Der Flaneur
Schweden verstehen
Verena Rosenkranz

Es war schon ein amüsanter Start, bevor es überhaupt richtig losging. Unsere Reise gen Norden sollte diesmal viel Stoff zum Nachdenken bieten. Allerdings nicht, weil uns etliche Freunde schon vorab vor dem Multikultiland schlechthin gewarnt hatten. Warum wir uns das überhaupt antun wollten, was wir uns denn von Schweden erwarten würden, lauteten die Fragen rund um die Reiseplanung herum. Ein Umstand, den wir schon seit längerem gewohnt sind. Einen Monat vor dem Arabischen Frühling war uns auch Ägypten noch eine Reise wert.

Nach einigen Tagen und imposanten Eindrücken aus Schweden beschäftigten wir uns auf der Terrasse unserer idyllischen Blockhütte bei sündhaft teurem Bier aber schließlich doch damit: Wir versuchten das Land und seine Politik zu verstehen.

Von den Schwedendemokraten ergattern wir einen Luftballon und werden fast beklatscht.

Zuvor stolperten wir in eine Wahlkampfveranstaltung aller Parteien in der kleinen Hafenstadt Ystad. Wohlstandslinke verschenkten Armbänder mit der Aufschrift „Toleranz“ oder „Diversity“ als Mildgabe an ein ausgesuchtes Publikum. Von den Schwedendemokraten ergatterten wir einen Luftballon und wurden als Österreicher fast beklatscht. Und nun saßen wir mit erhobenem Haupt und einem größenwahnsinnigen Gefühl zwischen Schafen und Lamas und maßten uns an, die Entwicklung dieses Landes analysieren zu können.

Warum die Polizei mit den Eltern von kriminellen Jugendlichen ein lösendes Gespräch führt, wenn sie massenweise Autos anzünden? Warum man als Gast in jedem Haus noch so freundlich willkommen geheißen wird, ohne daß die Hausherren wissen, wer man ist? Das herabgebrochene Resümee dieses Abends: Weil das die schwedische Volksseele zu sein scheint. Und diese massiv von einer fehlgeleiteten Politik ausgebeutet wird. Nicht das Land Schweden und seine rechtmäßigen Einwohner sind verloren. Der Staat Schweden ist ein failed state.“