© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 39/18 / 21. September 2018

Doch keine Mischlinge
Es steckt nur wenig Hund in Deutschlands Wölfen / Genom-Untersuchungen widerlegen Hybrid-These
Dieter Menke

Die Rückkehr des Wolfes (Canis lupus) in die dicht besiedelte deutsche Kulturlandschaft bleibt ein heftig umstrittenes Thema (JF 11/18). Denn anders als die Wolfsfreunde behaupten, beschränken sich die hierzulande mit 70 Rudeln und Paaren vertretenen Raubtiere nicht darauf, nur „überwiegend“ Rehe, Hirsche und Wildschweine zu jagen. Vielmehr erbeuten sie immer häufiger Schafe, Ziegen und inzwischen sogar Rinder. Nutztierhalter und Jäger warnen deshalb vor einer unkontrollierten Ausbreitung der Art und fordern ihre Reduzierung.

Kann der strenge gesetzliche Schutz aufgeweicht werden?

Im hitzigen Streit um den Wolf spielt das öffentlich kaum beachtete Argument eine wichtige Rolle, im knapp zwanzig Jahre alten heimischen Bestand gebe es überwiegend Wolfshybriden oder „Mischwölfe“. Wurde doch der Haushund vor 15.000 bis 40.000 Jahren aus dem Grauwolf gezüchtet. Das Domestizierungsprodukt Hund ist daher mit der Wildform voll fortpflanzungsfähig. Tatsächlich haben neuere Studien etwa aus Italien Vorkommen von Hybriden belegt. Auch in der Lausitz sowie an der böhmisch-sächsischen Grenze wurden 2003 und 2016 Hybridwürfe als Resultat einer Paarung zwischen Wölfin und Schäferhund registriert. Wenn es aber keine „echten“ Wölfe, sondern nur noch hybride „Mischwesen“ in Deutschland gebe, dann, so folgern Kritiker der Wiederansiedlung, entfalle der strenge gesetzliche Schutz der Art und eine ausreichende Anzahl dürfe „entnommen“, also getötet werden (Senckenberg, 7-9/18).

Aber so verlockend einfach ist der „Problemfall Wolf“ keinesfalls zu lösen. Forscher des Gelnhausener Fachgebiets Naturschutzgenetik der Senckenberg-Gesellschaft haben die Hybrid-These nämlich gerade zum Einsturz gebracht. Seit 2010 untersuchten sie im Rahmen des Wolfsmonitoring der Bundesländer 6.000 Wolfsproben aus ganz Deutschland genetisch.

Darunter befanden sich zwei Fälle von Wolfs-Hund-Hybriden, eben jene von 2003 und 2016. Bei 245 seit 2000 erfaßten Würfen ergibt das eine Hybridisierungsrate von unter einem Prozent. Dies sei im Vergleich mit höheren Raten lokaler Hybridpopulationen in der Toskana „ein sehr geringer Wert“. Ihre Genom-Untersuchungen würden damit „im allgemeinen“ alle bisherigen genetischen und morphologischen Befunde bestätigen, denen zufolge „die Genpools von Wölfen und Hunden in Europa klar voneinander getrennt sind“.

Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW):  www.dbb-wolf.de/

Wolf-Themenheft Senckenberg (7-9/18): www.senckenberg.de