© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/18 / 28. September 2018

Schäuble setzt auf Integration
Auf zur nächsten Lebenslüge
Wolf B. Kernig

Das könnte man politische Springprozession nennen: Zwei Erkenntnisschritte vor, einen zurück. Mit Wolfgang Schäuble räumt nun ein gewichtiger CDU-Politiker ein, daß erstens die Grenzöffnung 2015 falsche Willkommenssignale in die Welt gesandt hat, und zweitens die Abschiebedebatte falsche Erwartungen weckt. 

Dem fügt der Bundestagspräsident allerdings sogleich eine neue Lebenslüge hinzu: Mit guter Integrationsarbeit ließen sich die Fehler von gestern beheben. Passend dazu werden umstrittene Erhebungen präsentiert, wonach die Bundesbürger Migration grundsätzlich als Gewinn erachten und der Skandal beim Bundesamt für Migration (Bamf) ja eigentlich gar keiner war, und alles richtig verläuft.

Ob Schäuble merkt, daß auch er jenes falsche Signal verstärkt, das in der CDU als „Spurwechsel“ verharmlost wird: Wer es nach Deutschland schafft, hat ein Bleiberecht so gut wie in der Tasche. Das Land wird noch mehr Anstrengungen unternehmen, schlecht ausgebildete junge Männer aus Arabien und Afrika zu integrieren. Daß die Praktiker vor Ort ganz andere Erfahrungen machen, weil sich diese jungen Männer auch ohne Sprachkenntnisse und Job wie im Paradies wähnen, will einer abgehobenen Polit-Elite nicht in den Kopf. So wenig wie die schlichte Tatsache, daß Integration an den Außengrenzen beginnt: Wir müssen entscheiden, wer zu uns kommen soll  – und wer nicht.