© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/18 / 28. September 2018

Angela Marquardt, einst PDS-Vize, arbeitet für SPD-Chefin Nahles und wirbt für die Antifa.
Der Januskopf
Felix Krautkrämer

Angela Marquardt ist so etwas wie die „Toten Hosen“ der Politik. Sie pflegt zwar optisch noch ein bißchen ihr Punker-Image, ist aber längst Teil des Establishments. Während die Hosen mittlerweile Schunkelsongs schreiben, zu denen sich sogar die CDU-Spitze auf Wahlpartys in den Armen liegt, gehört Marquardt zum engen Kreis um SPD-Chefin Andrea Nahles. Anders als viele SPD-Politiker, die Mitte der 2000er zur Linkspartei wechselten, ging die 47jährige den entgegengesetzten Weg. 

Beim Mauerfall gerade erwachsen geworden, fand die junge, in Greifswald aufgewachsene  Hausbesetzerin zur PDS, wie Die Linke damals hieß. Rasch wurde sie Mitglied des Bundesvorstands, war von 1995 bis 1997 sogar Partei-Vize. Im Jahr darauf zog sie in den Bundestag ein. 

Doch 2002 holte Marquardt die Vergangenheit ein, als plötzlich ihre Stasi-Akte auftauchte: Mit 15 wurde sie Informelle Mitarbeiterin der Stasi. Das Bekanntwerden habe sie „völlig überrascht“ und „fast zerstört“, schreibt Marquardt 13 Jahre später in ihrer Autobiographie „Vater, Mutter, Stasi“. Nach der Lektüre glaubt man ihr, daß sie nicht aus Überzeugung handelte, sondern als gutgläubiges Kind, dessen Eltern mit der Stasi kooperierten und an deren Küchentisch MfS-Agenten wie Familienfreunde saßen. Weitgehend unerwähnt bleibt in Marquardts Vergangenheitsbewältigung jedoch, daß sie 1998 protestierte, als sich ein Ex-Stasi-Offizier für ein Landtagsmandat der PDS bewarb. Der DDR-Sicherheitsapparat sei nicht zu legitimieren und habe „wesentlich zum Scheitern des sozialistischen Versuches beigetragen“, argumentierte sie damals. Für sie galt dieser Einwand offenbar nicht.

Nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag 2002 kehrt Marquardt der Partei ein Jahr später den Rücken. Sie beendete ihr 1995 begonnenes Politikstudium, ist seit 2006 Mitarbeiterin in Nahles Bundestagsbüro, seit 2007 Geschäftsführerin der SPD-„Denkfabrik“, seit 2008 Parteimitglied. In einem aktuellen Beitrag im Vorwärts scheut sie sich nicht, ein Bündnis der SPD mit der Antifa im „Kampf gegen Rechts“ zu fordern. Voraussetzung sei der Verzicht auf Gewalt, betont Marquardt. Das klang als PDS-Nachwuchshoffnung noch anders. Als 1994 Linksextremisten einen Brandanschlag auf die Druckerei dieser Zeitung verübten, äußerte Marquardt in einem Interview mit dem Deutschlandfunk: „Ich halte es für legitim, zu verhindern, daß die JUNGE FREIHEIT gedruckt werden kann.“

Heute sagt Marquardt, die Wende sei für sie eine „Befreiung“ gewesen, sie gehöre zu den Wende-Gewinnern. Trotzdem meldete sie 2009 zum 20. Jahrestag des DDR-Endes in Leipzig eine Demonstration unter dem Motto an: „Still not loving Germany. Die Revolution, ein Mythos. Die Freiheit, eine Farce. Deutschland, eine Zumutung“. Eine Janusköpfigkeit, die seit jeher charakteristisch für Angela Marquardt ist.