© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/18 / 28. September 2018

Der Feind meines Feindes ist mein Freund
„Kampf gegen Rechts“: Das Bündnis „#unteilbar“ vereint SPD-Politiker, Linksextremisten und Islamverbände
Björn Harms

In Deutschland gehen schreckliche Dinge vor sich – zumindest wenn es nach den Initiatoren des Bündnisses „#unteilbar“ geht. Derzeit finde „eine dramatische politische Verschiebung statt“, warnen sie in ihrem jüngst veröffentlichten Aufruf. „Rassismus und Menschenverachtung werden gesellschaftsfähig.“ Schlimmer noch: „Humanität und Menschenrechte, Religionsfreiheit und Rechtsstaat werden offen angegriffen.“ Jetzt gehe es darum, Haltung zu beweisen. Ein breit aufgestellter Protest sei notwendiger denn je. Aus diesem Grund wollen die Organisatoren „ein Zeichen setzen“ und laden am 13. Oktober zur Großdemonstration nach Berlin. Offenbar mit Erfolg: Über 6.000 Organisationen, Initiativen und Einzelpersonen haben sich bereits angeschlossen.

Interessant ist vor allem die Zusammensetzung der Unterstützerliste. Denn neben den üblichen Kandidaten der „Zivilgesellschaft“ (Politiker von Linkspartei bis SPD, Kirchenverbände, Gewerkschaften, Journalisten und Künstler), ergänzen auch gewaltbereite Linksextremisten und reaktionäre Islamverbände die illustre Runde. Berührungsängste scheint es nicht zu geben.

Kritik kommt auch von linker Seite 

Die Interventionistische Linke (IL) etwa, laut Verfassungsschutz  „Scharnier zwischen militanten Gruppierungen und nicht gewaltorientierten Linksextremisten“, ist als Erstunterzeichner gelistet. Eigenen Angaben zufolge strebt sie den „revolutionären Bruch mit der Macht des bürgerlichen Staates“ an. Gewalt wird dabei grundsätzlich nicht abgelehnt: „Zugespitzte gesellschaftliche Bedingungen werden veränderte Aktions- und Kampfformen benötigen“, heißt es in einer Veröffentlichung der IL. Komplettiert wird der linksextreme Block durch die Teilnahme der Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands (MLPD) und des Demokratischen Gesellschaftszentrums der KurdInnen in Deutschland e.V. (NAV-DEM), laut Verfassungsschutz eng verbunden mit der terroristischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK).

Um so bemerkenswerter erscheint die gleichzeitige Unterstützung durch fundamentalistische Islamverbände wie den Zentralrat der Muslime (ZMD). Zu dessen Gründungsorganisationen gehört unter anderem die Islamische Gemeinschaft in Deutschland (IGD), die von diversen Experten dem Milieu der antisemitischen Muslimbruderschaft zugerechnet wird. Ein weiteres fragwürdiges Mitglied im ZMD ist das Islamische Zentrum Hamburg (IZH), welches dem geistlichen Oberhaupt des Iran unmittelbar unterstellt ist.

In islamistischen Kreisen bewegen sich auch einige der aufgeführten Einzelpersonen: Kübra Gümüsay etwa, selbsternannte Feministin und gläubige Muslima, bekennt sich bedenkenlos zum türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Noch während der Gezi-Proteste 2013 teilte Gümüsay mit, es gebe zur Regierungspartei AKP „derzeit keine Alternative“, sondern lediglich „konstruktive Kritik“. Dazu pflegt Gümüsay bis heute beste Kontakte zur größten türkisch-islamistischen Organisation in Deutschland, Millî Görüs (Nationale Sicht).

 Ein weiteres bekanntes Gesicht ist Mohamed Taha Sabri, Imam der Neuköllner Begegnungsstätte, die seit 2014 vom Verfassungsschutz in seinen Jahresberichten erwähnt wird. Im Beisein eines Kamerateams hatte er 2016 eine Predigt gehalten, in der er jede Erneuerung des Islams verurteilte und die Suprematie gegenüber anderen Religionen bekräftigte.

Schulter an Schulter mit Islamisten und Linksradikalen demonstrieren – kein Problem also für die teilnehmenden Politiker? Anfragen hierzu bleiben zumindest unbeantwortet. Von den Bundestagsabgeordneten Anton Hofreiter (Grüne), Jürgen Trittin (Grüne), über Renate Künast (Grüne) bis hin zu Eva Högl (SPD) – äußern möchte sich gegenüber der JUNGEN FREIHEIT niemand. Lediglich das Büro von Sawsan Chebli (SPD) teilt uns mit: „Bei #unteilbar geht es darum, unsere offene und freie Gesellschaft zu bewahren.“ Ob ihr Anliegen durch die Teilnahme der angesprochenen Gruppen diskreditiert werde, will jedoch auch Chebli nicht beantworten.

Selbst aus den eigenen, linken Reihen hagelt es nun Kritik: „Die Abgrenzung von Rechten wird ansonsten immer großgeschrieben, aber sobald diese Rechten nicht biodeutsch sind, scheint das nicht mehr zu gelten“, schreibt die Antifa-Gruppe „Association progres“ auf ihrer Internetseite. Das Bündnis #unteilbar beweise einmal mehr den Vorwurf gegen Linke, sie würden einen „Appeasementkurs gegenüber dem politischen Islam fahren“.

Auf der Facebook-Seite von „#unteilbar“ werden Kritiker dieser Zustände derweil gnadenlos blockiert. Aus „Solidarität mit den betroffenen Verbänden und Personen“ würden entsprechende Beiträge sofort gelöscht werden, teilt das Bündnis in kurzen Worten mit. „Anti-muslimischer Rassismus“ habe auf ihrer Plattform „absolut keinen Platz“. Distanzieren will man sich von bestimmten Personen oder Gruppen keinesfalls: „Unteilbar hat Tausende von Unterzeichern und wird daher keine Stellungnahme zu einzelnen abgeben“, heißt es. Den Teilnehmerzahlen der Demonstration dürfte die mangelnde Abgrenzung zu Islamisten und Linksradikalen indes kaum schaden. Erwartet werden am 13. Oktober mehrere zehntausend Teilnehmer. Beim „Kampf gegen Rechts“ wird es also auch künftig heißen: Der Feind meines Feindes ist stets mein Freund.