© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/18 / 28. September 2018

Grüße aus Madrid
Stets nur vom Feinsten
Michael Ludwig

Deutsche Professoren verdienen gewiß nicht schlecht, aber von den finanziellen Möglichkeiten, die ihren spanischen Kollegen offenstehen, können sie nur träumen. Der Fall des Dekans der Madrider Universität Rey Juan Carlos beweist es. Der Mann heißt Enrique Álvarez Conde, und wenn es um die Auslegung dessen geht, was seiner Ansicht nach juristisch gerade noch vertretbar ist, legt er einen äußerst großzügigen Maßstab an.

Ende 2012 stellte ihm die Hochschule eine Kreditkarte zur Verfügung, mit der er seine anfallenden Spesen an Ort und Stelle begleichen konnte. Drei Jahre ging das gut – was er bezahlte und die Höhe der Rechnungen hielten sich im Rahmen des Üblichen. Doch dann geriet einiges außer Kontrolle. Mal war es ein üppiges Abendessen im Restaurant des Hotels Atrio in Caceres für 769 Euro oder eine Übernachtung während der Karwoche in einer Luxusherberge in San Sebastián für über tausend. Die Abbuchungen vom Konto der Universität nahmen immer größere Ausmaße an – über 200mal ließ es sich der Jurist auf Kosten seines Arbeitgebers schmecken, und was er zu sich nahm, war stets vom Feinsten, viele Mahlzeiten kosteten weit mehr als 100 Euro.

Nicht nur für die Presse ist es unfaßbar, daß überhaupt keine Kontrolle stattfand.

Wenn schon, denn schon – sagte sich offensichtlich Álvarez Conde, ein Mann, dem man die Vorliebe für gutes Essen auch ansieht; er ist keinesfalls gertenschlank, im Gegenteil, und auch sonst verrät seine Erscheinung, eher ein Genußmensch zu sein als ein Asket, der seine moralische  Herausforderung im Verzicht sieht. 

Seine Shoppingtouren führten ihn in Reisebüros, Supermärkte, Mode- und Elektronikgeschäfte, und wenn es darum ging, das Auto aufzutanken, dann zahlte er selbstverständlich mit der Kreditkarte der Universität. Die Zahlungen an Taxis lassen sich kaum noch überblicken. Schließlich belief sich die Summe auf über 50.000 Euro. Da Bargeld auch nicht schlecht ist, suchte der Hochschulprofessor immer wieder die Kassenautomaten von Banken auf – 35.000 Euro wanderten so in seinen Geldbeutel. Weitere 12.000 Euro kamen in ausländischer Währung hinzu. Viele Abbuchungen erfolgten während der Semesterferien. Summa summarum belaufen sich die Ausgaben auf fast 100.000 Euro. Zahlreiche  gelten als „verdächtig“, so El País.

Die Behörden haben nun ein Verfahren wegen des Verdachts der Veruntreuung eingeleitet. Nicht nur für die Presse ist es unfaßbar, daß offensichtlich überhaupt keine Kontrolle stattfand.