© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 40/18 / 28. September 2018

Eskalation im Zollstreit zwischen den USA und China
Schizophrener Handelskrieg
Thomas Kirchner

Walmart will an der Preisschraube drehen. Der US-Handelsriese, durch dessen Niedrigpreispolitik Amerikaner trotz stagnierender Reallöhne ihren Lebensstandard erhöhen konnten, warnt trotz enger Beziehungen der Gründerfamilie Walton zu den Republikanern vor Folgen des Zollstreits. Unter Donald Trump sind alte Kumpaneien nicht viel wert. Die Preiserhöhungen werden sich aber in Grenzen halten, weil die Abwertung der chinesischen Währung die zehnprozentigen Strafzölle teilweise ausgleicht. Apple hat den nicht ausgetrockneten Washingtoner Lobbysumpf besser bearbeitet: iPhone & Co. wurden von der Zolliste gestrichen.

Die Auseinandersetzung zwischen den USA und dem Reich der Mitte entwickelt sich zum Stellungskrieg. Der US-Präsident hat mit neuen Strafzöllen auf Importe in Höhe von 200 Milliarden Dollar jetzt mehr als die Hälfte der Chinaimporte im Visier. Am 1. Januar, nach dem Weihnachtsgeschäft, sollen die Zölle auf 25 Prozent steigen. Peking reagierte prompt mit der üblichen Routine: Zölle auf 60 Milliarden Dollar an US-Importen. Wegen seines merkantilistischen Handelsüberschusses kann China nicht mehr tun. Selbst wenn Trump 25 Prozent auf sämtliche Importe erheben würde, entsprächen die Zölle nur 0,08 Prozent der US-Wirtschaft, aber 0,13 Prozent der chinesischen. Der eskalierte Handelskrieg bleibt zugunsten der USA asymmetrisch.

Gleichzeitig tut China auch das Gegenteil: Es senkt andere Einfuhrzölle, aber nicht auf Importe aus den USA. Damit haben Waren aus Ländern wie Deutschland oder Frankreich jetzt gegenüber US-Produkten Preisvorteile. Gleichzeitig signalisiert Peking, daß China grundsätzlich zu Zollsenkungen bereit ist. Gleichzeitig werden US-Firmen inzwischen von Washington ermutigt, ihre Fabriken aus China in andere Länder Südost­asiens zu verlegen. Strafen gegen den chinesischen Telekommunikationsausrüster ZTE, der US-Sanktionen wiederholt umgangen hatte, dienten als Warnung, daß chinesische Zulieferer über Nacht ausfallen können. Das zeigt zum einen, daß Trump nicht so impulsiv handelt, wie ihm unterstellt wird, sondern eine ausgeklügelte Strategie verfolgt, um im Ernstfall die Strafzölle langfristig durchhalten zu können. Andererseits signalisiert es China, daß es einknicken muß, weil der Handelskrieg lange dauern kann.

Trumps Ex-Berater Steve Bannon gestand kürzlich in einer chinesischen Zeitung, Urheber der US-Strategie im Handelskrieg zu sein. Er und Trump hätten räsoniert, chinesische Politiker investierten ihr Vermögen in den USA, weil sie kein Vertrauen in die fragile chinesische Wirtschaft hätten. Demnach wäre ein Handelskrieg zu gewinnen. Der Exodus aus China betrifft auch japanische und südkoreanische Firmen, die ihre Werke aus China anderswohin verlegen. Der Schaden für China geht also weit über das von Zöllen betroffene Handelsvolumen hinaus. Bannon wird recht behalten.