© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/18 / 05. Oktober 2018

Bis 18 Uhr dürfen sie träumen
Bayern: Bei der Landtagswahl am 14. Oktober treten 14 Parteien an, die vor fünf Jahren den Einzug ins Maximilianeum verpaßt haben
Thorsten Brückner

Über 14 Prozent der bayerischen Wähler gaben ihnen bei der vergangenen Landtagswahl ihre Stimme: den kleinen Parteien, die den Einzug ins Maximilianeum verpaßten. Von den Parteien, denen 2013 der Sprung über die Fünfprozenthürde nicht gelang, können sich diesmal wohl nur die FDP und mit etwas Glück vielleicht die Linkspartei Hoffnungen auf einen Einzug machen. Umfragen weisen sie bei fünf beziehungsweise vier Prozent aus.

Aber selbst wenn der künftige Landtag aus sieben Fraktionen bestehen sollte, werden die „Sonstigen“ im Freistaat zusammengenommen wieder deutlich mehr Prozente holen als in anderen Bundesländern. Grund hierfür sind vor allem zwei Parteien, die unter den „Kleinen“ zwischen Alpenland und Main fest etabliert sind. Dazu gehört vor allem die Bayernpartei. Letztmalig war sie 1966 im Landtag vertreten, in den fünfziger und sechziger Jahren gehörte sie zwei Landesregierungen an. 2013 war sie mit einem Ergebnis von 2,1 Prozent genauso stark wie die Linkspartei. Ihr Vorsitzender Florian Weber hat für den 14. Oktober den Wiedereinzug ins Maximilianeum als Ziel ausgegeben. 

Sollte die Partei es nach über 50 Jahren außerparlamentarischer Opposition wieder in legislative Verantwortung schaffen, will sie sich vor allem für die Bewahrung der bayerischen Traditionen und Dialekte einsetzen. Ihr langfristiges Ziel hat die Partei dabei nie aus den Augen verloren: die Unabhängigkeit Bayerns von der Bundesrepublik Deutschland.  

Etwas bescheidener wirken dagegen schon die Forderungen der ÖDP. Sie kam vor fünf Jahren mit zwei Prozent nur knapp hinter der Bayernpartei ins Ziel. Ihr Angebot richtet sich auch an wertkonservative Wähler. Sie fordert unter anderem ein „Recht auf eine analoge Kindheit“ und tritt für ein „Ende einer Ideologie des ständigen Wirschaftswachstums“ ein. Auch klassische, ehemals grüne Kernanliegen finden sich bei der Partei wieder, etwa die Forderung nach einer Rettung der Artenvielfalt, einem Ende der Massentierhaltung und dem Verbot des möglicherweise krebserregenden Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat. 

„Partei für Franken“ in Oberfranken chancenlos

Neben Bayernpartei und ÖDP konnte nur noch die Piratenpartei, die bei der vergangenen Wahl ebenfalls zwei Prozent holte, automatisch mit Listen in allen sieben Wahlkreisen antreten. Parteien, die 2013 unter der Marke von 1,25 Prozent blieben oder damals noch nicht antraten, mußten Unterschriften sammeln – und das einzeln für jeden Bezirk. Außer den drei Platzhirschen unter den Kleinen sind nur noch zwei weitere Parteien bayernweit wählbar. Der von der ehemaligen Grünen-Landtagsabgeordneten Claudia Stamm gegründeten Partei „mut“ gelang es, in allen sieben Bezirken genügend Unterstützungsunterschriften zu sammeln. Doch die Tochter von Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) zog sich wegen eines Trauerfalls aus dem Wahlkampf zurück. Die junge Partei kämpft für eine „menschenwürdige Asylpolitik“. Die Positionen der Grünen waren Stamm in dieser Frage zu rechts. Zudem steht das Eintreten für gesellschaftliche Vielfalt, „Bürger*innenrechte und soziale Gerechtigkeit“ auf der Agenda. 

Ebenfalls ein ökologisches Profil hat sich die V-Partei – Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer, auf die Fahne geschrieben. Ihr Hauptanliegen ist es, die industrielle Tierhaltung durch eine ökologisch-vegane Landwirtschaft zu ersetzen. Dabei geht die Partei sogar so weit, die Schlachtung von Tieren grundsätzlich verbieten zu wollen.  Weitere sechs Parteien treten nur in einzelnen Bezirken an. Die Satire-Truppe „Die Partei“ steht außer in Niederbayern überall auf dem Wahlzettel. 

Die „Partei für Franken“, die den nördlichen Teil Bayerns zu einem eigenen Bundesland machen und sich vom Freistaat abspalten will, hat es dabei nicht einmal geschafft, in allen drei fränkischen Bezirken wählbar zu sein. Sie tritt nur in Mittel- und Unterfranken an. Für die Liberal-Konservativen-Reformer hat es nur in zwei Bezirken zum Wahlantritt gereicht. Die Truppe von Ex-AfD-Chef Bernd Lucke wird es damit wohl nicht einmal in die Wahlkampfkostenerstattung schaffen, von der alle Parteien profitieren, die über ein Prozent der Stimmen auf sich vereinen können. Vom Erreichen der Fünfprozenthürde können diese Parteien nur träumen – immerhin noch etwas mehr als eine Woche, bis zur Prognose am Wahlabend.