© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/18 / 05. Oktober 2018

Diskussion über Ungerechtigkeiten bei der gesetzlichen Rente
Frankfurter Mütterneid
Jörg Fischer

Während die Rendite bei Millionen Riesterrenten auf unter ein Prozent gesunken ist und bei vielen Verträgen – trotz Förderung durch den Steuerzahler – sogar ein Realverlust droht, feiert das Gros der Wirtschaftspresse weiter unverdrossen die private Altersvorsorge ab. Und das, obwohl krisengeschüttelte Banken und in Auszahlungsschwierigkeiten steckende Lebensversicherungen kaum noch Anzeigen bei ihren Druck­erzeugnissen schalten.

Und in Zeiten, wo AfD und Linke ein konzernfreundliches Durchregieren verhindern, wird der Oberlehrerton schriller: „Tatsächlich gibt es einige Leser, die der Neid packt – mancher erzählt, seine Eltern hätten ihr Leben lang gearbeitet und bekämen jetzt trotzdem nicht mehr als andere, die kürzer in die Rentenkasse eingezahlt haben“, schreibt die FAS, aber betroffen seien „nur wenige“. Die wahre Situation sehe so aus: „Mancher bekommt eine Betriebsrente, andere eine Witwenrente vom Ehepartner. Es gibt Lebensversicherungen und Erspartes.“ Daß auf Betriebsrenten doppelte Sozialbeiträge anfallen, sei vorübergehend: „Die Bundesregierung denkt gerade darüber nach, das zu ändern.“ Altersarmut sei „nicht das drängendste Problem dieser Tage“ – wohl wahr: Die Auswirkungen der Strangulation der Gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) zeigen sich erst in zehn Jahren.

Aber wo liegt nun das Rentenproblem? „Mütter beispielsweise bekommen immer wieder Rentenpunkte geschenkt. Das kann junge Leute heute schon ärgern“, empört sich ein FAS-Volkswirt. Doch der Mütterneid verrät nur, daß der 37jährige die GRV nicht verstanden hat: Ohne Kinder stirbt nicht nur das Volk, sondern auch die GRV aus. Das mag Finanzproduktanbieter und antideutsche Feuilletonkorrespondenten freuen. Im Sinne junger Eltern wäre aber dies: Eine umlagefinanzierte GRV-Rente gibt es nur für jene, die künftige „Einzahler“ großziehen. Kinderlose zahlen weiter für ihre Eltern in die GRV ein. Für ihr Alter verlassen sie sich allein auf die Wohltaten des Kapitalmarktes.