© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/18 / 05. Oktober 2018

GegenAufklärung
Kolumne
Karlheinz Weißmann

Historikertag A: Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat in seinem Vortrag auf dem Historikertag zu Recht die Frage gestellt, was denn die Alternative zur beklagten „Spaltung“ der Gesellschaft sei, konnte dann aber der Versuchung nicht widerstehen, dem Prinzip der Homogenität einen Seitenhieb zu versetzen. Deshalb eine kleine Erinnerung an den Klassiker: „Die Polis will aus möglichst Gleichen und Ähnlichen bestehen, und dies ist am meisten bei den Mittleren der Fall. Daher wird notwendig die Polis am besten regiert, die aus solchen besteht, aus denen sich, wie gesagt, von Natur eine jede Polis zusammensetzt.“ (Aristoteles, Nikomachische Ethik)

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Angesichts der Einlassungen des türkischen Staatspräsidenten bei der Einweihung der Ditib-Moschee in Köln: Die Moschee werde „ein würdiger Ort der Begegnung und des interreligiösen Dialogs“ sein, das Projekt stehe für „gegenseitige Anerkennung und Transparenz“, und: „In wenigen Jahren werden wir alle von einer ‘kölschen Moschee’ sprechen.“ (Fritz Schramma, CDU, Oberbürgermeister von Köln, 2008, in der Stadtratssitzung, die mit den Stimmen von SPD, FDP, Grünen und Linken für die Erteilung einer Baugenehmigung an die Ditib votierte)

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Man kann glauben, daß Hubertus Knabe als Leiter der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen abgelöst wurde, weil er sich im Hinblick auf allfällige Antidiskriminierung unsensibel verhalten hat. Man kann das glauben, muß es aber nicht.

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Widerstand: Nicht jeden duzen, nicht jeden umarmen, nicht immer klatschen, nicht immer nicken, nicht alles essen und nicht alles trinken, was man vorgesetzt bekommt.

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Man könnte die politischen Richtungen auch im Hinblick auf die bevorzugten Lenkungsmittel unterscheiden. Dann wäre der äußersten Linken wie der äußersten Rechten die Gewalt zuzuordnen, der gemäßigten Linken die Manipulation, der Mitte das Gespräch und  der gemäßigten Rechten die Autorität.

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Der Spiegel hat einen großen Bericht zur neuen Ausstellung im Gropius-Bau über deutsche Vor- und Frühgeschichte gebracht; Titel: „Homo brutalis – der erste Deutsche“ und „Krieg im Blut“. Das ist irreführend, denn im Text selbst geht es um die außerordentlichen Leistungen, die auf deutschem Boden seit dem Paläolithikum erbracht wurden und deren Zeugnisse – von den Schöninger Speeren bis zur Himmelsscheibe – dafür sprechen, daß es hier seit alters Zivilisationen von hohem Rang gegeben hat. Daß deren Entstehung und Aufstieg nicht einfach so und ohne Widerstände ablief, sondern mit gewalttätigen Konflikten einherging, ist kaum verwunderlich. Die ältere Völkerkunde hat noch etwas vom inneren Zusammenhang zwischen Kriegsfähigkeit und Kulturfähigkeit gewußt.

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Historikertag B: Angesichts der Verabschiedung der Resolution des Historikertages „gegen Rechts“ erfüllt mich Dankbarkeit. Ich hätte nur ungern meine Auffassung korrigiert, daß die Zunft im wesentlichen aus Feiglingen, Opportunisten, Selbstgerechten und bornierten Linken besteht, die mit der Materie, die ihnen anvertraut ist, im Grunde nichts anzufangen wissen.

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Jan Fleischhauer meinte unlängst, daß ein Franz Josef Strauß das Aufkommen der AfD zu verhindern gewußt hätte. Allerdings stand hinter der Forderung des Verewigten, daß es keine demokratisch legitimierte Partei rechts der Union geben dürfe, die Entschlossenheit, dieses Terrain tatsächlich besetzt zu halten. Was bedeutet, daß Straußens Äußerungen zu Fragen der Inneren Sicherheit, der Zuwanderung, der fatalen Rolle der progressiven Intelligenz oder der negativen Wirkung der Vergangenheitsbewältigung in der CDU oder CSU heute kaum gelitten würden.

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Das britische Ministerium für Chancengleichheit hat in einem Bericht darauf hingewiesen, daß sich zwischen 2009/10 und 2017/18 die Zahl der Mädchen, die eine Geschlechtsumwandlung wünscht, von 40 auf 1.806 erhöht hat, die der Jungen von 56 auf 713. In den meisten Fällen handelt es sich um Kinder unter zehn Jahren, bei denen der Nationale Gesundheitsdienst verschiedene psychische Störungen diagnostiziert, bis hin zur Schizophrenie, was die einschlägigen Lobbygruppen selbstverständlich für unstatthaft halten und noch mehr an Sexualisierung des Unterrichts verlangen. Dagegen machte der amtierende Erziehungsminister Damian Hinds die seit 2006 an den Primär- und Sekundarschulen des Landes installierte „Gendererziehung“ für diesen „Boom“ verantwortlich und forderte eine drastische Kurskorrektur. Der kanadische Psychologe Jordan Peterson, der ähnliche Entwicklungen in allen westlichen Ländern beobachtet, spricht ausdrücklich von einer „Epidemie“ und ruft Eltern auf, sich gegen die Indoktrination ihrer Kinder zu wehren.


Die nächste „Gegenaufklärung“ des Historikers Karlheinz Weißmann erscheint am 19. Oktober in der JF-Ausgabe 43/18.