© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 41/18 / 05. Oktober 2018

Anti-konservative Verzerrung
USA: Linke Meldungen landen bei Googles Suchergebnissen aufällig weit oben
Henning Lindhoff

Kurz vor den „Halbzeitwahlen“ brodelt in den USA die Diskussion um eine vermeintliche gezielte Benachteiligung konservativer und patriotischer Medien in den sozialen Netzwerken. Immer wieder gibt es Berichte, nach denen Facebook, Google & Co. gegen Accounts vorgehen, die, gesteuert aus dem Ausland (Rußland, Iran) oder von „Radikalen“ im Inland, die Stimmung im Lande beeinflussen wollen. Erst vergangene Woche räumte Facebook ein, mehr als ein Dutzend US-Profile (mit mehr als 30 Millionen Folgenden) gelöscht zu haben, die Verlinkungen zur „rechten“ Seite lifegazette.com geteilt hatten. Begründung: Der Administrator der Seiten sei ein Fake-Account. 

US-Präsident Donald Trump beschuldigte kürzlich Google, positive Geschichten über ihn zu unterdrücken und Nachrichten zu bevorzugen, die seiner Sicht der Dinge widersprechen. Auf diesem Weg wolle der Suchmaschinengigant „einen sehr großen Teil dieses Landes zum Schweigen zu bringen“. 

Zudem bemängeln konservative Medienhäuser wie WorldNetDaily, The Blaze, American Thinker, Drudge Report und The Daily Caller, daß ihre Beiträge weitaus schlechter in den Google-Suchergebnissen rangieren als die der Konkurrenz. Die Suchmaschine scheint Nachrichten von MSNBC, Huffington Post und der New York Times zu bevorzugen.

Als direkte Antwort auf die Vorwürfe aus dem Weißen Haus erklärte Google: „Wir bewerten Suchergebnisse nie, um die politische Stimmung zu manipulieren.“ Wenig später mußte der Konzern jedoch angesichts eines Berichts des Wall Street Journals zugeben, intern Wege diskutiert zu haben, über die Such­ergebnisse den Widerstand gegen die von Trump forcierten Einreiseverbote zu unterstützen. Die Ansätze, wie beispielsweise Seiten und Kontaktdaten von Aktivistengruppen populär anzuzeigen, seien jedoch nicht umgesetzt worden.

Interne Planspiele seien nicht angewandt worden

Es lohnt daher ein Blick auf Google News, den Nachrichten-Aggregator mit der aktuell höchsten Reichweite im Netz. Er funktioniert ähnlich wie der normale Suchalgorithmus: Je öfter ein Artikel im Internet zitiert wird und je prominenter die vom Nutzer gesuchten Begriffe in diesem Text erscheinen, desto höher wird er in der Liste von Google News aufgeführt. Da die politische oder ideologische Ausrichtung dabei kein Faktor sei, setzt Googles Algorithmus vor allem auf die „Autorität“ der Quelle. Dies bedeutet, daß Internetseiten mit einer langen Historie von selbst produzierten Inhalten höher gewichtet werden als beispielsweise Freizeit-Blogger, die erst seit kurzer Zeit aktiv sind und in erster Linie fremde Inhalte analysieren. Doch genau solche „Hobby-Journalisten“ bildeten die Mehrheit der konservativen Medien, so Google und Trumps Kritiker. Anders: Konservative Medien seien nicht Mainstream und deshalb rangierten sie nicht sonderlich weit oben in Googles Suchergebnissen.

Es gibt allerdings Studien, die diese Darstellung in Frage stellen. Die Agentur „Can I Rank“, die ihre Kunden dabei unterstützt, höher in den Google-Suchergebnissen plaziert zu werden, fand eine anti-konservative Verzerrung in den Google-Suchergebnissen. Das Unternehmen untersuchte über 1.200 Internetseiten, die von Google für politisch belastete Schlüsselwörter wie „gun control“, „abortion“ und „Black Lives Matter“ hoch eingestuft wurden, und bewertete dann, ob es eine politische Neigung in den Artikeln gab.

„Zu unseren wichtigsten Ergebnissen gehört, daß es bei den oberen Suchergebnissen fast 40 Prozent wahrscheinlicher war, Seiten mit einer linken oder ganz linken Neigung zu finden als Seiten von rechts“, so die Experten. Bei einigen Schlüsselwörtern war die Diskrepanz noch ausgeprägter. Jemand, der nach „republican platform“ suche, werde zuerst den offiziellen Text der Organisation sehen, gefolgt von sieben linksgerichteten Ergebnissen, die der Plattform kritisch gegenüberstehen.

Des weiteren fand „Can I Rank“ keine Seiten konservativen Schlags in den Top-Ergebnissen zu Stichworten wie „Mindestlohn“, „Abtreibung“, „NAFTA“, „Irak-Krieg“, „Wahlkampf-Finanzreform“, „Globale Erwärmung“, „Marihuana-Legalisierung“ und „TPP“. Das Resumée: „Es wird nicht versucht, mehrere Standpunkte zu kontroversen politischen Themen darzustellen, und der Algorithmus in seiner derzeitigen Form liefert keine Ergebnisse, die gleichmäßig über das gesamte politische Spektrum verteilt sind.“

Die Technologie basiert dabei auf den Meinungen und Klicks der Leser mit all ihren menschlichen Vorurteilen. Auch die Qualität jounalistischer Expertise ist schwer zu definieren. Einige Kriterien können gemessen werden: Wie viele Zitate gibt es in einer Geschichte aus neuen Quellen? Wie viele Links sind in der Geschichte zu anderen hochwertigen Websites enthalten? Wie viele Leser haben sich entschieden, eine beträchtliche Zeit mit einer Geschichte zu verbringen? Wie viele verschiedene Arten von Lesern haben sich mit einer Geschichte beschäftigt?

Google wird auch in Zukunft noch viele großartige Reportagen, Interviews und Analysen schlecht einordnen. Es bleibt damit Aufgabe eines jeden Lesers zu entscheiden, wo er seinen Klick setzt. Algorithmen und künstliche Intelligenz können Medienkompetenz nicht ersetzen.