© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/18 / 12. Oktober 2018

Nur der Himmel bleibt weiter weiß und blau
Landtagswahl in Bayern: Während CSU und SPD ein Debakel droht, können die Grünen vor allem mit landespolitischen Themen punkten
Thorsten Brückner

Jahrzehntelang ging es bei bayerischen Landtagswahlen weniger um die Frage, ob die CSU eine absolute Mehrheit erringen wird, sondern lediglich, wie hoch sie ausfallen wird.Diese Zeiten sind vorbei. Bereits 2003 erlebte die Partei einen Vorgeschmack darauf, was ihr nach dem Urnengang am Sonntag drohen könnte. Damals rutschten die Christsozialen unter dem Tandem Günther Beckstein und Erwin Huber auf 43,4 Prozent ab, verloren ihre absolute Mehrheit und mußten mit der FDP koalieren. 

Diesmal könnte es noch dicker kommen. Zuletzt reichte es laut Umfragen nicht mal mehr für eine schwarz-gelbe Koalition. Die Freien Wähler unter ihrem Chef Hubert Aiwanger, den Demoskopen bis zu elf Prozent vorhersagen, stünden bereit. Käme die CSU allerdings nur auf die ihr zuletzt prophezeiten 33 bis 35 Prozent, könnte es selbst für diese Koalition eng werden. Mit Spannung wartet man im Freistaat auf das Abschneiden der AfD, die erstmals antritt. Sie ist die einzige der großen Parteien, die ohne Spitzenkandidat ins Rennen gegangen ist. In Umfragen landet sie bei teils weit auseinanderliegenden Werten. Während ihr die „Forschungsgruppe Wahlen“ zehn Prozent vorhersagten, bekämen sie laut Insa 14 Prozent. 

Für Schlagzeilen sorgte die Partei im Wahlkampf vor allem durch internes Hauen und Stechen. Ihren oberbayerischen Kandidaten Franz Bergmüller wollte die Parteiführung ausschließen. Hinter vorgehaltener Hand warf man dem ehemaligen CSU-Mitglied vor, weiterhin ideologisch seiner alten Partei nahezustehen. Fränkische Kreisverbände überraschten mit Wahlkampfunterstützung aus Thüringen und Sachsen-Anhalt. Die Rechtsausleger Björn Höcke und Hans-Thomas Tillschneider gaben sich im Landkreis Forchheim die Klinke in die Hand. 

Umfragekönige sind wie 2013 auch dieses Mal die Grünen. Bis zu 18 Prozent und damit den zweiten Platz sagen ihr die Meinungsforscher voraus. Ihr Erfolgsgeheimnis könnte es sein, – anders als die AfD – konsequent auf landespolitische Themen zu setzen. Der Widerstand gegen das Polizeiaufgabengesetz wurde maßgeblich vom Duo Ludwig Hartmann und Katharina Schulze befeuert. Auch mit dem – vor dem bayerischen Verfassungsgerichtshof gescheiterten Volksbegehren – „Betonflut eindämmen, Flächenfraß stoppen“, traf die Partei einen Nerv weit über ihre eigene Kleintel hinaus. Die Stärke der Grünen sind dabei allerdings die Sorgenfalten von Natascha Kohnen. Die wenig charismatische Spitzenkandidatin der SPD, die – obwohl in München geboren kein Wort bayerisch spricht –  weiß, daß das Wählerpotential für linke Parteien im Freistaat nie größer als ein Drittel war. Bei 18 Prozent für die Grünen und den vier Prozent, die auf die Linkspartei entfallen könnten, würde die Partei nicht nur ihren angestammten zweiten Platz hinter der CSU verlieren, sondern  auch gerade mal so noch zweistellig bleiben. 

Helmut Markwort ist das Zugpferd der FDP

In Sachen Regierungsbildung wird  viel vom Abschneiden der FDP abhängen. Scheitert sie erneut wie vor fünf Jahren am Einzug in den Landtag, dürfte eine CSU-Freie Wähler-Koalition ausgemachte Sache sein. Das Institut GMS sagt ihr wie vor der letzten Umfrage vor der Wahl 2013 erneut fünf Prozent voraus. Damals landete sie bei 3,3 Prozent. Ihr Zugpferd ist dabei nicht der blaßgebliebene Spitzenkandidat Martin Hagen, der im Wahlkampf mit der Forderung glänzte, abgelehnte Asylbewerber in den Arbeitsmarkt zu integrieren, sondern Helmut Markwort.

 Der ehemalige Chefredakteur des Focus kandidiert im Wahlkreis Oberbayern. Trotz Platz 16 setehen seine Chancen auf einen Einzug nicht zu schlecht, sollte seine Partei die Fünfprozenthürde überwinden. Die Bayern wählen keine Listen, sondern mit beiden Stimmen Personen, wobei Erst- und Zweitstimme gleichermaßen in die Mandatsberechnung mit einfließen. Letzteres kann auch mit als Grund dafür herhalten, daß in der Vergangenheit Grüne und FDP in Umfragen regelmäßig überbewertet und die kommunal mit starken Kandidaten verankerten Freien Wähler stets unterbewertet wurden.