© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/18 / 12. Oktober 2018

Demokraten-Kampagne mit Erinnerungslücken
USA: Durch die Wahl des Republikaners Brett Kavanaugh zum neuen Richter am Obersten Gerichtshof sieht sich die Trump-Regierung bestätigt
Thorsten Brückner

Am Ende lag der Ball bei einer Gruppe von vier Senatoren. Sie galten als die letzten verbliebenen Wackelkandidaten bei der Berufung von Brett Kavanaugh als neuen Richter am Obersten Gerichtshof. Es reichte knapp für den Kandidaten von US-Präsident Donald Trump. Sowohl Senator Jeff Flake aus Arizona als auch Senatorin Susan Collins aus Maine hoben am Ende den Daumen für den früheren Mitarbeiter von George W. Bush.

 Lisa Murkowski blieb die einzige aus den Reihen der Republikaner, die sich am Ende gegen Kavanaugh entschied. Der demokratische Senator aus West Virginia, Joe Manchin, war der einzige Demokrat, der für Kavanaugh stimmte. Vorausgegangen war der Wahl eine wochenlange Hängepartie, ausgelöst von den Vorwürfen der 51 Jahre alten Psychologieprofessorin Christine Blasey Ford, die Kavanaugh der versuchten Vergewaltigung beschuldigte.

 An den Tatzeitpunkt konnte sie sich allerdings nicht erinnern. Zunächst gab sie einen Zeitraum zwischen 1980 und 1985 an. Später legte sie sich auf einen Tag im Jahr 1982 fest. Zum damaligen Zeitpunkt war Kavanaugh 17 Jahre alt. Es blieb nicht die einzige Unstimmigkeit in Fords Vorwürfen, die sie zunächst in einem Brief an Senatorin Diane Feinstein und später in einer Anhörung vor dem Justizausschuß des Senats kundtat.

 Zeugen, die ihre Anschuldigungen bestätigen, konnte sie keine nennen. Auch wußte sie nicht mehr, wer sie nach der angeblichen Tat nach Hause gebracht hat. Für die Republikaner war dies unter dem Strich zuwenig belastendes Material, um die Abstimmung weiter hinauszuzögern.

Demokraten träumen weiter von Amtsenthebung  

Mit 50 zu 48 Stimmen bestätigte der Senat am Samstag Kavanaugh. Vor allem deutsche Medien sahen damit fast einhellig eine in Zukunft konservativere Ausrichtung des Gerichts verbunden. Allerdings stimmte auch Kavanaughs Vorgänger Anthony Kennedy in über 70 Prozent der Fälle mit seinen vier konservativen Richterkollegen. Lediglich in Fragen wie Homo-Ehe oder Abtreibung neigte der von Ronald Reagan ernannte Richter dem linksliberalen Teil des Gerichts zu. Und auch Kavanaugh gilt in Fragen wie Abtreibung nicht als Hardliner. Sonst hätte er kaum die Stimme von Collins erhalten, wie sie selbst in ihrer Begründungsrede bestätigte. 

 Einig waren sich die republikanischen Senatoren, daß der Berufungsprozeß ein neues Tief erfahren hat. Die als moderat geltende Collins sprach von einer „politischen Kampagne“ gegen Kavanaugh.

 Der Fall weckte Erinnerungen an die Nominierung von Clarence Thomas für den Obersten Gerichtshof 1991. Er mußte sich damals Anschuldigungen erwehren, eine ehemalige Mitarbeiterin sexuell belästigt zu haben. Nur mit knapper Mehrheit und ohne die obligatorische Empfehlung des vom späteren Vizepräsidenten Joe Biden geleiteten Justizausschusses wurde er vom Senat bestätigt.

Thomas nannte die damaligen Anhörungen eine „nationale Schande“. Genau wie Kavanaugh wies er die Vorwürfe zurück. Für Trump ist es nach Neil Gorsuch bereits der zweite Richter, den er erfolgreich für den Supreme Court nominieren konnte. Für die Zwischenwahlen am 6. November hoffen die Republikaner nun auf einen „Brett Bounce“. Im Juli betrug ihr Rückstand auf die Demokraten noch elf Prozentpunkte. Während der Posse um Kavanaugh ist der Vorsprung auf zwei Punkte zusammengeschrumpft. Sollten die Demokraten das Repräsentantenhaus zurückerobern, haben sie bereits angekündigt, die Anschuldigungen gegen Kavanaugh neu zu untersuchen. Abgeordnete wie Luis Gutierrez oder Ted Lieu sprechen gar bereits von einem Amtsenthebungsverfahren.