© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/18 / 12. Oktober 2018

Es geht nicht nur um Jugendschutz
Facebook mit einbezogen: Das Europaparlament beschließt neue Richtlinie für audiovisuelle Medien
Werner Müller

Das Europaparlament hat in der vergangenen Woche eine Regelung beschlossen, die die Rundfunkanstalten, aber erstmals auch Plattformen wie Youtube, Netflix und Facebook dazu zwingen soll, sich in der EU künftig an striktere Regeln bei Jugendschutz und Werbung zu halten. Online-Portale müssen demnach geeignete Mechanismen zur Verfügung stellen, damit Nutzer ohne großen Aufwand gefährliche oder anstößige Videos melden können, und schneller auf diese reagieren. Werbung muß deutlicher erkennbar sein. Gefährliche Inhalte sollen gekennzeichnet, Alterskontrollen eingeführt und Eltern dabei unterstützt werden, selbst zu steuern, was ihre Kinder sehen können und was nicht. Zudem müssen Video-Abruf-Anbieter künftig mindestens 30 Prozent ihres Programms in Europa produzieren – beim Fernsehen bleibt es bei 50 Prozent.

Die neue Richtlinie für audiovisuelle Medien sieht jedoch gleichzeitig einen größeren Spielraum für Fernsehkanäle beim Gestalten der Werbung vor. Statt wie bisher höchstens zwölf Minuten pro Stunde, dürfen die Sender in der Zeit zwischen 18 und 24 Uhr 72 Minuten Werbung nach eigenem Dafürhalten schalten. Dabei darf das Programm höchstens alle 30 Minuten unterbrochen werden. Die neuen Regelungen müssen nun von den Mitgliedsstaaten in nationale Gesetze übernommen werden.

„Es ist uns gelungen, ein ausbalanciertes Regulierungsumfeld für den gesamten audiovisuellen Sektor zu schaffen“, erklärte die SPD-Europaabgeordnete Petra Kammerevert. Kritiker sehen dies allerdings ganz anders und warnen wie beim neuen EU-Urheberrecht (JF 39/18) erneut vor „Upload-Filtern“. Ähnliche Programme gibt es teilweise schon. Vor allem Youtube wollte dort den Vorreiter spielen und mit einem digitalen Fingerabdruck möglicherweise anstößiges Material prüfen. Störungsfrei verliefen diese Experimente jedoch nicht. So wurde kürzlich erst der Youtuber Paul Davids gesperrt, obwohl es sein eigenes Material war, das er hochgeladen hatte.

Die jetzige Entscheidung verdeutlicht: Der Trend geht in Richtung immer umfassenderer Kontrolle. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker machte jüngst klar, daß es nicht nur um Jugendschutz und Urheberrecht geht, sondern auch um politische Inhalte. Unter dem Vorwand der „Terrorismusbekämpfung“ ist es also nicht auszuschließen, daß künftig Filter Inhalte auf politische Korrektheit überprüfen.