© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 42/18 / 12. Oktober 2018

Frisch gepresst

Trübe Aussicht. Wenn ein Buch „Das Märchen vom reichen Land“ betitelt wird, klingt das nach einer Abrechnung von AfD oder Linken. Doch Daniel Stelter war von 1990 bis 2013 Berater bei Boston Consulting. Der 54jährige Ökonom schreibt Wirtschaftsliberales in seinem Blog sowie in Cicero oder Wirtschaftswoche. Bereits vor drei Jahren widersprach er im Spiegel Fachkollegen, die angesichts der Massenzuwanderung auf ein Wirtschaftswunder hofften: „Die Kosten werden konsequent zu niedrig angesetzt, die erhofften Erträge sind zu hoch.“ Jetzt rechnet Stelter nicht nur mit der Willkommenspolitik ab, sondern weist nach, warum diese unbezahlbar sei: „Während Länder wie die Schweiz, Singapur und Norwegen gezielt werthaltige Forderungen und Vermögenswerte kaufen, sind wir bereitwillig die Finanziers von Schuldnern, die uns am Ende im Regen stehen lassen werden.“ Hinzu kämen die unabsehbaren Verluste durch die Eurokrise. Doch eine alternde deutsche Gesellschaft, „deren Ersparnisse gefährdet sind, kann nichts weniger gebrauchen als schlechte Infrastruktur, Unternehmen, denen qualifizierte Mitarbeiter fehlen, und Migranten, die von Transferzahlungen leben“. (fis)

Daniel Stelter: Das Märchen vom reichen Land.  Wie die Politik uns ruiniert. Finanzbuch Verlag, München 2018, gebunden, 256 Seiten, 22,99 Euro





Außenpolitik. Die „Leitplanken“ deutscher Außenpolitik sind unumstößlich: „Europa, die transatlantische Partnerschaft, das Engagement für Frieden und Sicherheit, die Förderung von Demokratie und Menschenrechten sowie der Einsatz für eine gerechte und nachhaltige Globalisierung und eine regelbasierte internationale Ordnung“ (Auswärtiges Amt). Deutsche Interessen? Geht es nach Christoph von Marschall, dann sind diese auch heute noch eher zu vernachlässigen. Er rät Berlin zur „nüchternen Analyse“ und fordert Berichte einer „Gruppe von Sachverständigen“. Parallel dazu will er – im engen Schulterschluß mit Frankreich – die EU-Kooperation ausbauen sowie den Dialog mit den Partnern intensivieren. Großspurig – doch ganz im Rahmen der „Leitplanken“ – fordert von Marschall eine „Neuorientierung“ Deutschlands: „Wer sind wir, was wollen wir, was sind unsere Interessen und was müssen wir tun, um sie zu schützen, als Deutsche, als Europäer, als Bürger der westlichen Wertegemeinschaft?“ Na, was denn nun? (ctw)

Christoph von Marschall: Wir verstehen die Welt nicht mehr. Deutschlands Entfremdung von seinen Nachbarn. Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 2018, gebunden, 254 Seiten, 22 Euro