© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/18 / 19. Oktober 2018

Mischaël Modrikamen. Der Belgier ist Stephen Bannons Mann in Europa
Der Macher
Friedrich-Thorsten Müller

Sollte die Fähigkeit, Regierungen zu stürzen, für den früheren Breitbart-Chef Stephen Bannon ein Kriterium zur Wahl seines Europa-Vertreters gewesen sein, dann hat er einen Volltreffer gelandet: Der Jurist Mischaël Modrikamen war als Aktionärsanwalt maßgeblich daran beteiligt, 2008 in Belgien die christdemokratische Regierung Leterme zu Fall zu bringen, die zuvor bei der Rettung der Fortisbank eine schlechte Figur gemacht hatte.

Doch auch sonst ist der 52jährige Wallone, geboren in Charleroi, für das Projekt „The Movement“, mit dem Bannon für die Europawahl am 26. Mai 2019 einen Verbund rechtskonservativer Parteien schmieden möchte, eine interessante Figur. Als Gründer und Chef des rechtsliberalen Parti Populaire (PP) gehört er im Reigen der europäischen Populisten eher dem gemäßigten Lager an. Damit könnte er so etwas wie den kleinsten gemeinsamen Nenner einer sonst bunten Anti-EU-Establishment-Front darstellen. Und als früherer Vorsitzender der liberal-jüdischen Gemeinschaft Belgiens ist der mit seinen Anliegen an den Hamburger Richter Ronald Schill erinnernde „Law and Order“-Politiker darüber hinaus gegen „Nazi“-Vorwürfe weitgehend immun.

Im Nachteil – wenn es darum geht, zu einer Leitfigur der Euro-Rechten zu werden – ist Modrikamen allerdings angesichts der relativen Bedeutungslosigkeit seines PP. Neun Jahre nach dessen Gründung stellt er mit unter zwei Prozent Stimmenanteil in der belgischen Abgeordnetenkammer gerade einmal einen von 150 Abgeordneten. An dieser Nebenrolle hat sich auch bei den wallonischen Kommunalwahlen am vorigen Wochenende nichts geändert.

Für Modrikamen ist daran die Presse schuld, die den PP nicht fair behandele. Tatsächlich leidet die Partei vor allem an der Regionalität und Unübersichtlichkeit der politischen Landschaft Belgiens sowie unter ihrer neoliberalen Ausrichtung, mit Forderungen wie Begrenzung der Sozialhilfe und massiver Steuer- und Ausgabensenkung. Das verschreckt im „Nanny-Staat“ Belgien viele Wähler. Darüber hinaus schadet Modrikamens Festhalten am belgischen Nationalstaat der Entwicklungsmöglichkeit des PP im flämischen Teil des Landes, wo Protestwähler meist das Heil bei Parteien suchen, die zur Auflösung des Königreichs tendieren. Schließlich plagen den PP regelmäßig Finanzskandale, die Modrikamens „Saubermann-Image“ schaden. Zuletzt durchsuchte die Staatsanwaltschaft im November die Parteizentrale wegen des Verdachts der Veruntreuung von EU-Geldern.

Entscheiden wird sich das Schicksal Mischaël Modrikamens als europäischer Statthalter Stephen Bannons und seines „Movement“ im Mai mit der Frage, ob dem Parti Populaire die Rückkehr ins Europaparlament gelingen wird.