© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/18 / 19. Oktober 2018

EU-Umweltminister fordern niedrigere CO2-Flottengrenzwerte
Angriff auf Deutschland
Dirk Spaniel

Der größte Nettozahler wird von einer EU-Umweltministermehrheit bei CO2-Standards für Autos ausgebootet – Angela Merkel und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) begrüßen die „Einigung“ dennoch. Danach sollen die Pkw-Hersteller den CO2-Ausstoß ihrer Neuwagenflotte um 35 Prozent bis 2030 (Ausgangsniveau: 2020) reduzieren. Das EU-Parlament fordert 40 Prozent, Schulze ging aus Koalitionsdisziplin widerwillig mit 30 Prozent in die Verhandlungen, nur Ungarn stritt leidenschaftlich für seine Fabriken, aus denen jährlich etwa eine halbe Million Autos rollen.

Der EU-Ratsbeschluß schadet nicht nur einer deutschen Schlüsselindustrie, sondern er macht auch den Weg frei für milliardenschwere Strafzahlungen (JF 40/18). Das Klima retten diese kaum: Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft stößt China durch die Nutzung fossiler Brennstoffe innerhalb von drei Wochen mehr CO2 aus als der Pkw-Verkehr in der EU während eines Jahres. Die EU-Entscheidung stellt die Autohersteller vor praktisch unlösbare technische Optimierungsaufgaben. Schon ab 2021 wird jedes Gramm CO2 über dem Flottengrenzwert von 95 Gramm pro Kilometer mit 95 Euro EU-Strafe versehen. Sprich: Ab 2021 soll die Pkw-Flotte eines Herstellers im Schnitt 3,6 Liter Diesel oder 4,1 Liter Benzin pro 100 Kilometer verbrauchen. Diese Werte sind von herkömmlichen Autos in einem realitätsnahen Testzyklus nur schwer erreichbar. Die für 2030 verlangte Reduktion auf 2,3 Liter Diesel oder 2,6 Liter Benzin ist völlig unrealistisch – diese Norm kommt einem De-facto-Verkaufsverbot für Verbrennungsmotoren gleich.

Selbst mit Plug-in-Hybriden (Benzinern, die einige Dutzend Kilometer elektrisch fahren können) sind diese Vorgaben nicht zu erreichen. Die EU-Pläne erzwingen den massiven Umstieg auf Elektromobilität: E-Autos gelten als CO2-frei, und sie drücken die Durchschnittsverbräuche. Ob der Strom aus einem Kohle-, Öl- oder Gaskraftwerk kommt ist egal. Daß es für die E-Autos keine Ladeinfrastruktur gibt – was soll’s. Dafür gibt es Ausnahmen für kleinere Hersteller: Der 2015 von Fiat-Chrysler abgespaltene Premiumhersteller Ferrari bliebe so von Strafen verschont, während BMW, Ford oder VW an Brüssel zahlen müssen.

Peter Altmaier hofft, daß die Technik vorankommt, doch man habe „häufig Prognosen zurücknehmen müssen, die wir mit viel Idealismus verkündet haben, die sich am Ende aber als unrealistisch erwiesen haben“, gestand der CDU-Wirtschaftsminister im Deutschlandfunk selbstkritisch ein. Das Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020 werde „deutlich verfehlt“. Daher müsse man den Mut haben, „ehrlich zu sagen, was geht und was nicht geht.“ Doch die Merkeltreuen schweigen – wie immer.






Dr. Dirk Spaniel ist Maschinenbauingenieur und verkehrspolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion.