© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 43/18 / 19. Oktober 2018

Umwelt
Feldlerche ohne Felder
Volker Kempf

Die Wahl des Vogels 2019 ist entschieden: Die Gewinnerin ist wie schon 1998 die Feldlerche. Das Votum von Naturschutzbund (Nabu) und dem Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) ist eine politische Botschaft: Die intensive Landwirtschaft biete zuwenig Lebensraum für Wiesenvögel. Die Feldlerche wohnt und brütet in offener Vegetation mit Gräsern und Wildkräutern, die es auf deutschen Äckern immer weniger gibt. Seit den siebziger Jahren ging der Bestand um 90 Prozent zurück. Die Vergrößerung der Äcker und das Roden der Brachflächen zwischen ihnen sei besonders nachteilig, klagt Ulrich Thüre, Nabu-Sprecher in Niedersachsen. Es gebe auch Landwirte, die mehr Blühsamen aussäten und Räume für Vögel schüfen. Die Region Hannover fördere solche Maßnahmen.

Es müssen ökologische Ausgleichsflächen her. Das kostet. Was es bringt, bleibt ungewiß.

Aber die Landwirtschaft ist nicht das einzige Problem, sie ist zusammen mit der Feldlerche von Flächenverbrauch bedroht. Ein anschauliches Beispiel liefert Greding im mittelfränkischen Landkreis Roth: Wie der Donaukurier berichtet, mußte in dem Baugebiet „Distelfeld“ die Feldlerche erst vergrämt werden, bevor die Bagger anrücken durften. Nun soll auch im künftigen Gewerbegebiet „Kreuzfeld“ ein Feldlerche-Brutpaaren gefunden worden sein. Deshalb sei das Areal als Biotop kartiert. Das Ende vom Lied ist, es müssen 5,7 Hektar ökologische Ausgleichsflächen her. Das kostet. Was es bringt, bleibt ungewiß. Mit solchen Problemen ist die Kommunalpolitik beschäftigt. Leichter ist es, Landwirte anzuprangern, sie gingen mit Pflanzenschutzmitteln an die Nahrungsquelle der Feldlerche. Das ist Munition im Kampf gegen Glyphosat. So ist dann wohl auch die Wahl zum Vogel des Jahres zu verstehen. Zuckerbrot und Peitsche, Kooperieren und Anprangern, das ist die Vogelschutzstrategie. Wie wäre es 2020 einmal mit einem Vogel des Jahres, der Opfer der Windindustrie ist?