© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/18 / 26. Oktober 2018

Fahrlässig herbeigeführt
Innere Sicherheit und Migration: Schleichend sollen wir uns an den Ausnahmezustand gewöhnen
Michael Paulwitz

Tunesier legt mit Bombendrohung Erfurter Hauptbahnhof lahm – Sicherheitsbehörden haben Serie von IS-Anschlägen verhindert – Syrischer Bombenleger nimmt im Kölner Hauptbahnhof Geiseln und fügt einem jungen Mädchen schwere Brandverletzungen zu: Drei Meldungen aus nur einer Woche im Oktober, von denen jede einzelne für den Alltag gewordenen Ausnahmezustand stehen kann. Die Täter: mehrfach kriminell auffällig, polizeibekannt, vor drei Jahren als „Flüchtlinge“ eingereist, hätten längst abgeschoben werden können, aber die Behörden ... die Litanei ist immer wieder dieselbe.

Das gleichgültige Achselzucken, mit dem die Medienkarawane routiniert über diese Taten hinweggeht und sie jedesmal eilig abhakt, läßt frösteln. Fragt jemand nach dem Trauma der angezündeten Kölner Vierzehnjährigen, die fürs Leben gezeichnet sein dürfte?

Terrorakte im Ausland bringen es ebenfalls kaum noch zu mehr als zur Randnotiz. Das Brandenburger Tor wird auch nicht mehr in wechselnden Nationalfarben angestrahlt, je nachdem, wo der Terror gerade wieder zugeschlagen hat. Nachdem sich die Bürger allmählich daran gewöhnt haben, daß ganz Europa auf einem Pulverfaß sitzt, scheint auch das nicht mehr nötig.

Der Merkelklotz ist das Wahrzeichen unserer Zeit. Wer glaubt, die häßlichen Betonsperren, die unsere Innenstädte und öffentlichen Plätze abriegeln, sollen die Bürger vor Terrorangriffen schützen, ist den Mächtigen schon auf den Leim gegangen. Ihr wahrer Zweck ist ein anderer: Sie sind das dosierte tägliche Ärgernis, das uns schleichend daran gewöhnen soll, daß die innere Sicherheit in unserem Land auf unabsehbare Zeit verspielt ist. Ab und zu flucht noch ein Autofahrer, wenn er auf dem Weg in die Stadt Slalom fahren muß und der Verkehr sich staut. Hin und wieder holt ein eiliger Lieferwagen sich eine zusätzliche Schramme an dem sperrigen Betongerümpel. Aber die Klötze sind Teil des Alltags geworden, und darüber gerät der skandalöse Anlaß ihrer Aufstellung allmählich in Vergessenheit: daß die Merkel-Regierung dieses Land unkontrolliert mit Hunderttausenden Migranten aus aller Herren Länder geflutet hat, von denen niemand weiß, wie viele potentielle Terroristen sich unter ihren Strom gemischt haben.

Die Bürger stumpfen ab. War das noch eine Aufregung, als 2006 die „Sauerland-Gruppe“ islamistischer Bombenleger aufflog oder als 2012 ein Bombenattentat im Bonner Hauptbahnhof knapp danebenging: Tagelange Schlagzeilen, Sonderseiten und Fernseh-Brennpunkte. Daß erst im August wieder ein Islamist festgenommen wurde, diesmal aus Rußland, der in Berlin auf einem ganzen Sprengstofflager saß, ist dagegen schon wieder vergessen.

Natürlich gehört es zum Nachrichtengeschäft, daß der zehnte und zwanzigste vereitelte oder gelungene islamistische Anschlag nicht mehr denselben Aufmerksamkeitswert hat wie der erste. Der Vorwurf der Verharmlosung trifft dennoch. Sowohl bei der Anwendung journalistischer Sorgfaltsregeln als auch bei der Gewichtung gelten bei der Terror-Berichterstattung, je nach dem ideologischen Hintergrund von Tat und Tätern, offenbar zweierlei Maßstäbe.

Sieben Sachsen mit Luftgewehr, die zur Terrorzelle mit Umsturzgelüsten deklariert werden, stimulieren den Reportageeifer in ganz anderen Dimensionen als Islam-Attentäter oder der alltägliche politische Straßenterror der linksextremen sogenannten „Antifa“.

Ein islamistischer Messerstecher oder Bombenleger kann noch so oft „Allahu akbar“ schreien, für ARD und ZDF bleiben die „Hintergründe unklar“, solange es eben nur geht. Bei Gewalttaten und Terrorverdacht von „rechts“ dagegen wird nicht mehr fein abwägend „was wir wissen – was wir nicht wissen“ gefragt und vor voreiligen Schlüssen gewarnt: Da ist die Empörungswelle vorgestanzt.

Erst recht unübersehbar wird die gewollte Abwiegelei beim Umgang mit der eskalierenden Zuwandererkriminalität. Kritiklos referieren die sonst so investigativen Medien da regierungsamtliche Statistiken, wonach die Kriminalität insgesamt zurückgehe, Zuwanderer gar nicht krimineller seien als Einheimische und Deutsche schließlich auch Straftaten begingen – als begründe das eine Pflicht, sich mit zusätzlich importierter Kriminalität klaglos abzufinden.

Denn auch die allgegenwärtige Straßengewalt schüchtert die Bürger ein und nimmt ihnen die gewohnte Bewegungsfreiheit im öffentlichen Raum, wenn junge und alte Passanten überfallen, gemessert oder zusammengetreten werden, Frauen und Mädchen bei Tag oder Nacht belästigt, in die Büsche gezerrt und vergewaltigt werden und Woche für Woche Opfer auf der Strecke bleiben, die ihre Gesundheit, Unbeschwertheit oder gar das Leben verloren haben.

Den Sicherheitsbehörden fällt die undankbare Aufgabe zu, den von der Politik angerichteten Schaden zu begrenzen und das Schlimmste zu verhindern. Zwar gelingt es ihnen trotz aller Widrigkeiten immer wieder, islamistische Terrorzellen rechtzeitig auszuheben und Attentate zu verhindern. Vor dem unorganisierten Straßenterror krimineller und gewalttätiger Migranten können indes auch sie nur bedingt schützen.

Und nein, es ist nicht normal, daß friedliche Bürger sich zu bestimmten Zeiten und an gewissen Orten nicht mehr ins Freie trauen und Frauen und Mädchen abends und nachts nicht mehr unbegleitet nach draußen wollen. Niemand kann gezwungen werden, sich mit der falschen Normalität des dauernden Ausnahmezustandes abzufinden. Denn der ist nicht vom Himmel gefallen, sondern politisch gewollt und herbeigeführt: von Politikern, die fahrlässig Grenzen öffnen und die Polizei kaputtsparen; von „zivilgesellschaftlichen“ Lobbyisten, die Multikulti und schrankenlose Einwanderung predigen.