© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/18 / 26. Oktober 2018

Zeitschriftenkritik: Frankfurter Rundschau Geschichte
Eine Altstadt erstrahlt in neuem Glanz
Werner Olles

Wenn selbst die am linken Rand angesiedelte Frankfurter Rundschau Geschichte in ihrer aktuellen Ausgabe (Band 8/2018) die „Neue Altstadt Frankfurt“ lobt und eingesteht, daß „die Besucher in Scharen herbeiströmen“, wie Chefredakteur Arnd Fensterling im Vorwort schreibt, dann müssen die beeindruckenden Rekonstruktionen des größten Fachwerkbestandes Europas, der im Zweiten Weltkrieg 1944 durch alliierten Bombenterror zerstört wurde, sogar bei ihren ehemaligen Gegnern bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Tatsächlich präsentiert das Heft nicht nur Fotos, die das Herz jedes alten Frankfurters und Altstadt-Freundes höher schlagen lassen, sondern geht auch relativ objektiv an das „umstrittene Thema“ (Fensterling) heran. Keine Rede ist mehr von „historischem Disneyland“, „städtebaulichem Zombie“ und dem „untauglichen Versuch, eine untergegangene Epoche zum Leben zu erwecken“ – so lauteten die Diffamierungen modernistischer Architekturtheoretiker und linker Genossen; die Linkspartei etwa sieht in der Zerstörung der Altstadt bis heute die „Strafe für Auschwitz“.  Das ging so weit, daß in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung die eigentlichen Initiatoren der „Neuen Altstadt“ von einem Architekturprofessor als „Rechtsradikale“ beschimpft wurden. Auf ein derartiges Niveau läßt sich FR Geschichte nicht ein, wenngleich jene, die das Unternehmen anstießen, die Wählervereinigung „Bürger für Frankfurt – BFF“ und ihr langjähriger Fraktionsvorsitzender Wolfgang Hübner als „Rechtspopulisten“ bezeichnet werden. Schade ist, daß der Kunsthistoriker, Publizist und JF-Autor Claus Wolfschlag, der an Hübners wegweisendem Antrag großen Anteil hatte und von den Modernisten die ärgsten Prügel bezog, nicht erwähnt wird. 

Daß das Viererbündnis aus CDU, SPD, FDP und Grünen den von Hübner 2005 eingebrachten Antrag, dem Zentrum Frankfurts wieder eine Seele zu geben und 35 Gebäude, darunter 15 Rekonstruktionen, neu zu errichten, zunächst eine Absage erteilte, war kaum überraschend. Doch der Druck aus der Bevölkerung war so enorm und das Mißtrauen gegen die moderne Architektur – dessen Musterbeispiel das Technische Rathaus, ein riesiger Betonklotz im Stil des Brutalismus war – so groß, daß Oberbürgermeisterin Petra Roth nach langen, hitzigen Debatten umschwenkte und „getrieben“ von der Gruppierung „Altstadt-Freunde“ und den BFF plötzlich ein „Anrecht auf Fachwerk“ propagierte. Zudem hatten die alten Frankfurter noch gut im Kopf, wie sich die Stadt nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs der wenigen Überbleibsel ihrer historischen Gebäude rigide entledigte. 

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Kritiken an den Rekonstruktionen sind weitgehend verstummt, Frankfurts Vergangenheit zu einem nicht unwichtigen Teil wieder sichtbar geworden. FR Geschichte gibt faszinierende Einblicke in den Werdegang der „Neuen Frankfurter Altstadt“, die ein Erfolgsmodell für bürgerfreundlichen Städtebau ist.

Kontakt: Frankfurter Rundschau, Frankenallee 71-81, 60327 Frankfurt. Das Heft kostet 6 Euro. 

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