© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/18 / 26. Oktober 2018

Nur die Großen überleben
Nach 38 Jahren: Das Popkultur-Magazin „Spex“ stellt seine gedruckte Ausgabe ein
Christian Schreiber

Es ist sicherlich keine Übertreibung, wenn man davon spricht, daß eine Ära zu Ende geht. Nach 38 Jahren und 384 Ausgaben wird das „Magazin für Popkultur“ Spex zum Jahresende eingestellt. Nach Groove, dem Blatt für elektronische Musik, verliert der Printmarkt innerhalb kurzer Zeit zwei der wichtigsten deutschen Musikmagazine. Bereits im März wurde der 1952 gegründete britische New Musical Express eingestellt, im Juli folgte nach 26 Jahren auch die Kölner Popzeitschrift Intro. 

„Wenn Sie die jüngeren Entwicklungen im internationalen Zeitschriftenwesen verfolgt haben, kennen Sie die Gründe für die Einstellung von Spex bereits. Der Anzeigenmarkt befindet sich seit Jahren im Sinkflug. Immer mehr Unternehmen ziehen sich vollständig aus dem Printgeschäft zurück und investieren ihre Marketinggelder statt dessen vermehrt in Social-Media-Werbung – ein Trend, der sich 2018 nochmals verschärft hat“, schreibt Chefredakteur Daniel Gerhardt in der vorletzten Ausgabe. 

Spex meldete 2014 und 2015 in zwei Quartalen eine verkaufte Auflage von weniger als 10.000 Heften an die IVW – danach trat das Heft aus der Informationsgemeinschaft aus. Bereits damals bedeutete dies eine Halbierung innerhalb weniger Jahre. „Gegen langsam, aber doch stetig sinkende Verkaufs- und Abonnementzahlen haben wir ebensowenig ein Mittel gefunden wie gegen die zunehmend prekäre Marktlage“, gibt Gerhardt offen zu.

Am Ende hatte Spex wohl nur noch eine geringe Anzahl von Stammlesern, im Heft befanden sich gerade noch sechs Seiten Anzeigen – zuwenig zum Leben. Dabei sei es gerade aktuell neben einem Überblick über die große Menge an neuen Alben, Büchern, Serien, Künstlern und Ausstellungen wichtig, sich „gegen einen in Deutschland aufblühenden neuen rechten Mainstream in Stellung zu bringen“. Mit der ständigen Verfügbarkeit von News, Musik und Kunst im Netz „hat sich diese Gatekeeperfunktion von Popjournalisten inzwischen erledigt“. 

Das Internet als Sargnagel des Pop-Prints? Sicherlich ein Teil der Wahrheit, aber nicht der einzige. Es handelt sich eher um eine Marktbereinigung. „Axel Springer hat vorerst gewonnen. Wer sich künftig in einer Bahnhofsbuchhandlung ein Magazin über Pop, Rock und Artverwandtes kaufen will, hat zwei Optionen: Rolling Stone und Musikexpress. Beide aus dem Axel Springer Mediahouse“, bewertet die Süddeutsche Zeitung den Verdrängungsprozeß. 

Neben kleineren, regionalen Projekten können wohl nur solche überleben, die einen großen finanzstarken Verlag im Rücken haben.