© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 44/18 / 26. Oktober 2018

Auf den Spuren der „Erweckten“ in Hinterpommern
Religiöse Wiedergeburt
(ob)

Über eine Versammlung von Amtsbrüdern teilte der frisch ins hinterpommersche Stolp berufene Prediger Friedrich Schleiermacher (1768–1834) einer Freundin 1802 Eindrücke mit, die zum Vergleich mit dem heutigen Klerus der „Volkskirchen“ und ihrer amtskirchlichen Nähe zum Staat einladen. Die Pfarrer würden es sich auf gut dotierten Posten wohl sein lassen – „bei niederer sinnlicher Denkungsart und gänzlicher Verschlossenheit für alles Höhere“. Sie hätten sich vollständig dem von Aufklärung und Rationalismus geprägten Zeitgeist hingegeben, der sich mehr auf Weltverbesserung als auf das Seelenheil der Gläubigen richtete. Daher hätten sie anderes zu tun, als „Gottes Wort in aller Wahrheit und Klarheit zu verkünden“, wie ein späterer Beobachter die Zustände beschrieb. Die von den Befreiungskriegen erhoffte religiöse Wiedergeburt setzte in Pommern jedoch erst in den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts ein. Ursprung und Zentrum dieser von Dirk Klingner porträtierten „Erweckungsbewegung“ (Pommern, 2/2018) lagen in den Kreisen Rummelsburg, Stolp und Schlawe. Den dortigen Pietisten-Konventikeln entstammte auch Johanna von Puttkamer, die der von Schleiermacher in der Berliner Dreifaltigkeitskirche konfirmierte Otto von Bismarck 1847 in der heute noch erhaltenen Dorfkirche von Alt-Kolziglow heiratete. 


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