© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/18 / 02. November 2018

Ländersache: Baden-Württemberg
Auf der Suche nach dem Leck
Christian Vollradt

Verhindert Abschiebungen! Gebt die Termine der Sammelabschiebungen weiter!“ lautet die Forderung auf der Internetseite der „Aktion Bleiberecht“. Die in Freiburg im Breisgau ansässige Gruppe hat sich nach eigener Aussage zum Ziel gesetzt, „in der Öffentlichkeit auf flüchtlingspolitische Themen aufmerksam zu machen“. Hauptsächlich geht es auf der Seite jedoch darum, dagegen zu protestieren, wenn geltendes Recht durchgesetzt wird und Ausländer ohne Bleiberecht in ihrer Herkunftsländer zurückgeführt werden sollen. Dazu werden Termine, an denen Abschiebungen vornehmlich aus Baden-Württemberg stattfinden, genannt – samt Abflughafen und Zielland. 

Die Absicht dahinter ist klar: Wer vollziehbar ausreisepflichtig ist, hat bei entsprechender Kenntnis der bevorstehenden Termine und Ziele gute Chancen, rechtzeitig unterzutauchen. Kein Wunder, daß statistisch rund 60 Prozent der geplanten Abschiebungen in Baden-Württemberg scheitern. Im Bundesschnitt waren es Anfang des Jahres etwa 50 Prozent, in Niedersachsen zum Beispiel sogar über 77 Prozent. Daß geplante Abschiebungen erfolglos sind, liege in rund der Hälfte der Fälle daran, daß die Personen in ihrer Wohnung nicht angetroffen wurden, teilte dort die Landesregierung mit. Das wird im Südwesten nicht wesentlich anders sein.

Ein unhaltbarer Zustand, findet der innenpolitische Sprecher der AfD-Landtagsfraktion in Stuttgart, Lars-Patrick Berg. Gemeinsam mit seinen Kollegen Daniel Rottmann und Klaus Dürr hatte er Strafanzeige erstattet, unter anderem gegen Unbekannt im Regierungspräsidium Karlsruhe, das die Rückführungen organisiert. Denn, so der Verdacht der Innenpolitiker, angesichts der Details und der Tatsache, daß die Termine geheim sind, müsse es eine undichte Stelle im Behördenapparat geben. 

Doch die Staatsanwaltschaft der badischen Metropole entschied nun, kein Ermittlungsverfahren gegen Mitarbeiter des Regierungspräsidiums wegen des Verdachts auf Verletzung des Dienstgeheimnisses einzuleiten. Man habe einen Anfangsverdacht verneint, weil die Anhaltspunkte nicht konkret genug seien, daß tatsächlich ein Amtsträger Informationen über bevorstehende Sammelabschiebungen an Dritte weitergegeben haben könnte, teilte ein Sprecher der Behörde den Stuttgarter Nachrichten mit.

Für Berg eine „befremdliche“ Entscheidung. „Die Indizien sprechen eindeutig dafür, daß Informationen aus    dem Regierungspräsidium oder einer anderen Behörde kommen“, sagte er der JUNGEN FREIHEIT. Daß Betroffene die Informationen selbst weiterleiten, hält er für unwahrscheinlich. Denn Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber dürfen nur angekündigt werden, wenn eine Duldung widerrufen werde, nicht jedoch wenn die Duldung zeitlich ablaufe, was meistens der Fall sei.

Diese Woche wollen er und seine Kollegen in der Fraktion das weitere Vorgehen abstimmen. Vorrangig gehe es darum, die Sache politisch weiter aufzuarbeiten. Doch auch eine Fortsetzung mit juristischen Mitteln schließt Berg nicht aus. Seine Hauptforderung: „Der Kreis derjenigen, die Informationen über geplante Abschiebungen erhalten, muß stärker begrenzt werden.“ Zudem müsse technisch nachvollziehbar gemacht werden, wer welche E-Mails erhalten und möglicherweise weitergeleitet habe.