© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 45/18 / 02. November 2018

Der Stoff der digitalen Träume
Rohstoffmarkt: China führt bei Seltenen Erden / Industrielle Ausgangsstoffe bieten Investitionschancen
Carsten Müller

Der diesjährige Chemie-Nobelpreis geht an Forscher, die Proteine manipulieren können, um damit neue Medikamente zu entwickeln. Das elektrisiert nicht nur die Pharmabranche, sondern auch den Rohstoff-Sektor. Denn mit den neuen Techniken ließen sich unter anderem auch erneuerbare Kraftstoffe herstellen. Doch damit nicht genug. Denn andere Forscher wollen die Grundlagen so weiterentwickeln, daß das Recycling von Seltenen Erden aus Elektroschrott möglich wird. Das Vorkommen dieser Stoffe in zum Abbau geeigneter Konzentration ist weltweit denkbar gering. Nur sind sie unerläßliche Bestandteile für die Produktion von Smartphones, anderen elektronischen Geräten bis hin zu leistungsfähigen Halbleitern.

Damit ist die Jagd nach Seltenen Erden nicht nur ein Thema für Forscher, sondern auch für die Industrie und Bergbauunternehmen. China verfügt über die weltweit größten Lagerstätten und fördert über 80 Prozent. Dessen Unternehmen drängen in den Fokus, wenn es um Investmentmöglichkeiten geht. Doch ist dieses Rohstoff-Thema kein Selbstläufer, wie rückläufige Preis­tendenzen und fallende Aktienkurse bei den beteiligten Bergbauunternehmen zeigen. Die Abnehmer Seltener Erden arbeiten daran, die benötigten Metalle durch leichter zu beschaffende Stoffe zu ersetzen. Das gelingt bislang aber nur sehr eingeschränkt. So könnten sich hier in Zukunft wieder interessante Anlagemöglichkeiten für spekulativ ausgerichtete Investoren ergeben. 

China schürft 80 Prozent der Seltenen Erden weltweit

Eine Schlüsselstellung könnte dabei der Produzent China Rare Earth einnehmen, der in Hongkong gehandelt wird. Zwar gibt es weitere börsennotierte Firmen aus diesem Umfeld, diese sind aber nur an den chinesischen Börsen handelbar. Westliche Alternativen in diesem Thema sind entsprechend ihrer Schürfmöglichkeiten selten.

Geht es um Rohstoffinvestments, ist der langfristige Trend entscheidend. Der Blick auf den wichtigsten globalen Rohstoff-Index CRB zeigt, daß es von 2014-2016 eine deutliche Marktkorrektur gab. Diese wurde in den vergangenen Jahren schrittweise wieder bereinigt. Allerdings mit deutlichen Unterschieden zwischen den Rohstoffsegmenten. Investoren sollten sich daher an die breit diversifizierten Bergbauunternehmen halten. Diese können durch ihre ausgedehnte Produktpalette Preisschwankungen in einzelnen Segmenten besser abfedern als Spezialisten. Mit einem Jahresumsatz von rund 205 Milliarden Dollar steht die weltweit tätige Glencore ganz oben in der Rangliste. Ursprünglich aus dem Rohstoffhandel kommend, ist das Unternehmen heutzutage auch direkt im Bergbau aktiv. Die wichtigsten produzierten Rohstoffe sind neben Eisenerz vor allem Basis- und Industriemetalle wie Kupfer, Aluminium und Nickel. Auf den weiteren Plätzen sind die wie Glencore breit aufgestellten Bergbaukonzerne BHP Billiton, Rio Tinto und die brasilianische Vale zu finden. 

Das derzeit spannendste Thema dürften die Metalle sein, die für den geplanten Siegeszug der Elektromobilität notwendig sind. Neben Kobalt ist Lithium der Schlüssel-Rohstoff. Wobei die darauf aufbauende Batterietechnik nicht nur in Fahrzeugen zum Einsatz kommen kann, sondern letztlich in theoretisch sämtlichen Energieversorgungssystemen. Wer dieses Thema konzentriert nutzen will, kann sich an zwei Unternehmen halten, die um die Welt-Marktführerschaft rangeln. Zum einen geht es um den amerikanischen Chemiekonzern Albemarle, der neben der Lithium-Produktion auch Katalysatoren und andere Chemikalien herstellt. Damit wurden im vergangenen Jahr Umsätze von über drei Milliarden Dollar erzielt. Der schärfste Konkurrent ist die chilenische Sociedad Quimica y Minera de Chile, kurz SQM. Für dieses Unternehmen spricht, daß Chile als das lithiumreichste Land der Welt gilt, mit dessen Präsident Sebastian Pinera sich Bundeskanzlerin Angela Merkel im Oktober für ein neues Freihandelsabkommen aussprach. Allerdings war hier in diesem Jahr eine eher schwache Performance am Aktienmarkt zu sehen, nachdem zum Jahresanfang eine Studie von Morgan Stanley über eine mögliche Überproduktion von Lithium die Stimmung im Markt eintrübte. Erst jetzt mehren sich die Stimmen, die eine Trendwende erwarten.

Chile bietet den  Schlüsselrohstoff Lithium

Wer im Rohstoffsektor aktiv sein will, kommt am Energiethema nicht vorbei. Beim Rohöl ergeben die neuesten geopolitischen Entwicklungen eine spannende Perspektive. Zu nennen wären die neuen Sanktionen gegen den Erdölproduzenten Iran, dessen Wegfall sich nach Ansicht von Analysten noch nicht im Ölpreis widerspiegelt. Außerdem könnte es sein, daß die westlichen Industrieländer eine kritischere Haltung gegenüber Saudi-Arabien einnehmen, was die Saudis damit beantworten, daß sie sich gegenüber Ausweitungen von Förderkapazitäten hartleibiger zeigen und damit den Preis weiter treiben. In diesem Umfeld könnten Ölförderer zu Profiteuren auch am Aktienmarkt werden. Zuletzt hatte es hier einige deftige Korrekturen gegeben, doch das fundamentale Umfeld bleibt robust. Anbieter wie Shell, BP und Tullow Oil, um auch einen Wert aus der zweiten Reihe zu nennen, hatten die vergangenen Jahre gleich zweifach genutzt. Zum einen wurde die die Kostenstruktur deutlich gestrafft, zum anderen über konsequenten Schuldenabbau neuer Spielraum für Investitionen geschaffen. Ausgehend von Marktprognosen, wonach der Ölpreis Ende 2019 im Bereich von 100 Dollar je Barrel durchschnittlich liegen könnte, würden die aktuellen Verluste also eine interessante Gelegenheit zum Einstieg bieten, wenn es eine Bodenbildung gegeben hat.

Die Internationale Edelmetall- & Rohstoffmesse findet vom 9. bis 10. November im MVG Museum in München statt.

 www.edelmetallmesse.com