© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 46/18 / 09. November 2018

Grüße aus Wien
Duftender Döner
Michael Link

Er hat sich rar gemacht in den letzten Wochen, doch heute ist er wieder da: dieser unverkennbare, intensive Geruch von Döner Kebab, der sich impertinent in meine Nasenlöcher drängt. Als ob mir die Melange aus beinahe unmenschlich menschlichen Ausdünstungen in der überfüllten U6 am späten Nachmittag nicht schon genug wäre.

Doch die zweifelhaften kulinarischen Duftwolken in den U-Bahn-Waggons werden in Zukunft wohl noch seltener werden, wie eine aktuelle Presseaussendung der Wiener Linien hoffen läßt. Demnach setzen die Wiener Linien auf ein eigenes Team von Sicherheitsdienstmitarbeitern, welches für die Einhaltung der Beförderungsbedingungen und der Hausordnung zuständig ist.

„Darauf möchte man trinken, käme nicht der Gedanke an die vorweihnachtliche U-Bahn.“

Beeindruckend liest sich die Zahl von 2.500 Kameras in den U-Bahn-Stationen; weniger beeindruckend allerdings ist die Tatsache, daß erst in diesem Jahr – Anno 40 seit der Wiener U-Bahn Eröffnung – sämtliche Stationen mit Kameras ausgestattet sind. So wurden im Zuge der Generalsanierungen die historischen Otto-Wagner-Stationen Währinger Straße, Alser Straße und Josefstädter Straße mit Videoüberwachung für 280.000 Euro ausgestattet. Eigentlich Peanuts im Vergleich mit dem Schuldenstand der rot-grünen Stadtregierung von 6,7 Milliarden Euro.

Auch nah der U3-Station Herrengasse nimmt Vandalismus zu. So sorgen zahlreiche Schäden rund um die Hofburg für Ärger. Erst vergangene Woche klagte Burghauptmann Roland Sahl auf Radio Wien über beschmierte Steinstiegen, umgerissene schmiedeeiserne Geländer, zerbrochene Laternengläser, besprühte Büsche und achtlos weggeworfenen Müll.

Bereits ein oberflächlicher Blick auf die Grünflächen läßt richtig vermuten: Die Parks und Gärten rund um den Ring werden auch bei der alten Dame Wien zunehmend zu Problemzonen. Denn obwohl das Betreten der Wiesen verboten ist, sind diese bei Einheimischen wie Touristen zu beliebten Picknickzonen geworden.

Unsere Stadt der Gemütlichkeit scheint nun endlich auch diesem Problem entgegenzutreten: Eine Kampagne mit dem resoluten Titel „Mach weg dein’ Dreck!“ soll die Bevölkerung und Touristen sensibilisieren. Könnte sich Wien 2019 also tatsächlich durch mehr Sauberkeit und Ordnung auszeichnen? Darauf möchte ich einen trinken, käme mir nicht sogleich der Gedanke an die U-Bahn in der Vorweihnachtszeit. Und schon zittere ich den zahllosen Punschfahnen im Gedränge entgegen.